Welche Weichen wurden in 2019 für die Energiewirtschaft gestellt und woran wird sich die Branche auch noch im nächsten Jahrzehnt erinnern? Das Jahr 2019 stand ganz unter den Diskussionen um das Klimapaket, den „richtigen“ CO2-Preis und die Umsetzung des Kohleausstiegs. Ein weiteres Topthema von marktlicher Seite: PPAs kommen aus der Nische. Für die erneuerbaren Energien gab es sowohl positive als auch negative Rekorde zu vermerken.

Aus Klimapaket mach Klimapäckchen

Ohne ins Detail gehen zu wollen zu den Diskussionen zum Klimapaket und der damit zusammenhängenden CO2-Bepreisung, neuen Steuern und Leitlinien für erneuerbare Energien: Die politischen Entscheidungen hierzu waren und sind wohl die weitreichendesten für die Energiebranche in diesem Jahr.

Das Klimakabinett der großen Koalition hat sich am 20. September 2019 auf den Fahrplan zur Erreichung der deutschen Klimaziele bis 2030 geeinigt. Unsere detaillierte Analyse des Klimschutzprogramms 2030 oder auch Klimapaket, finden Sie hier.

Wenngleich eine große Breite von Themen (zum Beispiel: zusätzliche Bepreisung von CO2-Emissionen in den Sektoren Wärme und Verkehr, Ausweitung von Förderprogrammen für klimafreundliche Wärme und Elektromobilität, sowie steuerliche Änderungen zur Besserstellung des Bahnverkehrs) Teil des Klimapakets wurde, war es im Endeffekt nur ein Klimapäckchen.

Zusammenfassend war die Energiebranche von dem Programm überwiegend enttäuscht.

Nachsteuerung nötig

Insbesondere wird der Ausbau der erneuerbaren Energien für die Erreichung des 65 Prozentziels in 2030 durch das Klimapaket nicht stärker unterstützt. Eine Zielverfehlung oder eine Nachsteuerung im Laufe des nächsten Jahrzehnts ist damit vorauszusehen.

Die Gesetzgebungsverfahren für die Regelungen aus dem Klimapaket sind bis Ende 2019 auch nur teilweise abgeschlossen (November 2019 Review), sodass bei wichtigen Themen noch immer Unsicherheit herrscht.

Die Umsetzung der Ergebnisse aus der Kohlekommission haben sich ebenfalls verzögert. Weiterhin werfen Verbände der Regierung eine Abkehr von den Empfehlungen der Kohlekommission vor (Quelle: Energate).

PPAs kommen aus der Nische

Anders als in der politischen Arena hat sich bei Erneuerbaren-PPAs, also Abnahmeverträgen für Strom aus erneuerbaren Energien, einiges getan. Nicht nur gibt es vermehrt Industrieunternehmen, die Interesse an erneuerbaren Strom zeigen.

Sondern auch die Energiebranche sieht im marktlichen Ausbau neue Chancen gegenüber dem Förderregime des EEGs. Abbildung 1 stellt PPAs verschiedener erneuerbarer Technologien in europäischen Ländern dar.

Nachrichtlich erwähnte PPA in Europa in MW kumuliert, PPAs, Energy Brainpool

Abbildung 1: Nachrichtlich erwähnte PPA in Europa in MW kumuliert, Stand Ende 2018 (Quelle: Energy Brainpool)

Operationelle Themen treten nun in den Vordergrund. Inbesondere Fragen zur Gestaltung eines PPA-Vertrages, sowie der fairen Bepreisung und dem Hedging von längerfristigen Erneuerbaren-PPAs müssen nun geklärt werden. Unser White Paper „PPA II: Marktanalyse, Bepreisung & Hedgingstrategien“ bietet hierfür einen guten Überblick.

Stromerzeugung und Preisentwicklung in 2019

Der Ausbau der Windenergie an Land ging in 2019 aufgrund verschiedener Gründe so stark zurück wie bislang noch nie (Quelle: Energy Brainpool). Ebenso waren vielen der Windausschreibungen unterdeckt. Dennoch war die Windenergie im Verlauf des Jahres mit einem Anteil von 24 Prozent der stärkste Energieträger zur Erzeugung von Strom in Deutschland.

Nach Stand Mitte Dezember wird der Anteil erneuerbarer Energien an der Nettostromerzeugung auf ein Rekordhoch von etwa 45 Prozent gegenüber 40 Prozent in 2018 steigen. Abbildung 2 zeigt die Anteile verschiedener Erzeugungstechnologien an der Nettorstromerzeugung in Deutschland in 2019. Generell kann ein starker Rückgang der Kohleverstromung um etwa 50 TWh gegenüber dem Vorjahr festgestellt werden.

Anteile verschiedener Technologien an der Nettostromerzeugung in Deutschland in 2019, PPAs, Energy Brainpool

Abbildung 2: Anteile verschiedener Technologien an der Nettostromerzeugung in Deutschland in 2019 (Quelle: Energy Brainpool)

Auf Seite der Preisentwicklung stoppte der Aufwärtstrend von Commodities aus dem Jahr 2018. Gründe hierfür liegen in der verschlechterten Situation der Weltwirtschaft. Unsicherheiten über den Brexit, sowie den Handelsstreit zwischen den USA und China, verringerten den Bedarf nach Produkten und Brennstoffen.

Mit einem Durchschnitt von etwa 25 EUR/Tonne verblieben CO2-Zertifikatspreise auf dem Niveau von Ende 2018. Während des Jahres kam es dennoch zu Schwankungen von bis zu 5 EUR/Tonne um diesen Wert. Gleichzeitig sanken Gaspreise seit Anfang 2019 von 20 EUR/MWh auf etwa 14 EUR/MWh am Ende des Jahres.

Folglich hat sich die Entwicklung der Strompreise für das Kalenderjahr 2020 in einem begrenzten Korridor gehalten. Der Höchstpreis für die Grundlastlieferung im deutschen Marktgebiet für 2020 wurde Ende Juli bei über 52,5 EUR/MWh erreicht, während der Preis gegen Ende des Jahres auf unter 42,5 EUR/MWh sank. Dies ist auch in Abbildung 3 zu erkennen.

Preisentwicklung im Jahr 2019 für Grundlastlieferung Strom 2020 für Deutschland, PPAs, Energy Brainpool

Abbildung 3: Preisentwicklung im Jahr 2019 für Grundlastlieferung Strom 2020 für Deutschland (Quelle: Montel)

Was wird die Energiebranche in 2020 beschäftigen?

Im nächsten Jahr wird vor allem die gesetzliche Umsetzung des Klimapakets – mit all seinen Details um das nationale Emissionshandelssystem und steuerliche Änderungen – sowie des Kohleausstiegs Veränderungen in der Branche hervorrufen.

Neue Regelungen zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien, womöglich durch eine größere Novellierung des EEGs, sind allerdings unvermeidlich, wenn die Politik ihre eigenen Ziele für 2030 erreichen möchte. Hierunter zählen neben höheren Ausschreibungsvolumen, die Abschaffung des 52-GW-Deckels für die PV, sowie Regelungen für schnellere Genehmigungsverfahren bei der Windenergie an Land.

Neue Impulse für die Nationale Wasserstoffstrategie

Ebenso scheint die Thematik von grünem Wasserstoff und Power-to-Gas stärkeren politischen Rückenwind zu erhalten. Die Bundesregierung hat hierzu eine Nationale Wasserstoffstrategie entwickelt (Quelle BMBF).

So sollen Wasserstoff-Partnerschaften aufgebaut werden, welche es Deutschland in Zukunft erlauben erneuerbare Gase zu importieren. Weiterhin wird die Forschung am Thema grüner Wasserstoff noch stärker finanziell gefördert.

Sicherlich wird auch die weitere Entwicklung im Gassektor relevant bleiben. Sei es mit Vorbereitung auf die Zusammenlegung der beiden deutschen Marktgebiete oder dem Bau und Ausbau der deutschen LNG-Infrastrukturen.

Besonders die Verknüpfung der beiden Sektoren Strom und Gas wird an Relevanz gewinnen. Die Wertschöpfungsketten der beiden Sektoren werden sich stärker verflechten, etwa im Hinblick auf die Erzeugung von synthetischem Gas und dessen Speicherung (Quelle: Energy Brainpool).

Wir freuen uns darauf Sie in dieser interessanten Zeit für die Energiewirtschaft weiterhin zu begleiten und zu unterstützen.

Und nicht zuletzt wünschen wir Ihnen allen ein frohes und erfolgreiches neues Jahr!