Im aktuellen Beitrag werfen wir einen Blick auf die theoretisch erzielbaren Vermarktungserlöse von Windenergieanlagen an Land und auf See sowie von Photovoltaikanlagen im vierten Quartal 2019 und analysieren die Hintergründe.

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Wie entstehen Vermarktungswerte und Vermarktungserlöse? Dies zu verstehen, ist im Zuge des Ausbaus von fluktuierenden erneuerbaren Energien (feE) ohne EEG-Förderung sehr wichtig. Wer eine feE-Anlage frei vermarkten will, muss die erwarteten Marktpreise kennen und die Erlöspotenziale des jeweiligen Anlagenportfolios mit dem entsprechenden Einspeiseprofil in Beziehung setzen.

Im White Paper „Bewertung von Erlösen aus fluktuierender Erzeugung“ werden die hier verwendeten Kenngrößen (Vermarktungswert, Vermarktungsmenge, Vermarktungserlös) ausführlich definiert.

Entwicklung der Vermarktungswerte in Q4 2019

Der Vermarktungswert gibt den mengengewichteten, durchschnittlichen Strompreis einer feE Technologie an, wobei nur Zeiten berücksichtigt werden, in denen der Börsenstrompreis größer oder gleich null ist.

Vermarktungswerte für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV im Jahr 2019 in EUR/MWh, Vermarktungserlöse, Energy Brainpool

Abbildung 1: Vermarktungswerte für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV im Jahr 2019 in EUR/MWh. (Quelle: Energy Brainpool, EPEX SPOT, ENTSO-E Transparency)

Die monatlichen Vermarktungswerte von Wind und PV wichen in Q4 2019 stärker voneinander ab als in Q2 oder Q3. PV hatte dabei stets den höchsten Vermarktungswert. In den Wintermonaten liegen die Peakload Preise (8-20 Uhr) typischerweise höher und unterscheiden sich stärker von den Baseload Preisen (rund um die Uhr) als im Sommer. Davon profitiert der Vermarktungswert der PV Anlagen, da diese eben nur am Tag einspeisen. In neun Monaten des Jahres 2019 lag der Vermarktungswert Wind Onshore unter dem Vermarktungswert Wind Offshore.

Einzeln betrachtet lässt sich zu den Technologien sagen, dass sich der Vermarktungswert von PV in Q4 deutlich um 9 Prozent gegenüber Q3 verbessert hat. Beim Wind zeigt sich dagegen eine leichte Verschlechterung (-2,8 Prozent Onshore, -0,7 Prozent Offshore von Q4 gegenüber Q3).

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Q4 2018) zeigt sich bei allen feE Technologien ein deutlicher Rückgang des Vermarktungswertes von jeweils ca. 30 Prozent. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass der durchschnittliche Base-Preis für das Quartal um ca. 31 Prozent niedriger lag als im Vorjahresquartal. (mehr dazu siehe unten)

Entwicklung der Erzeugungs- und Vermarktungsmengen in Q4 2019

Die Erzeugungsmengen sind die kumulierten erzeugten Einheiten Strom in GWh über den betrachteten Zeitraum. Hingegen berücksichtigen die Vermarktungsmengen nur diejenigen erzeugten Strommengen, die zu Strompreisen größer oder gleich null vermarktet werden konnten. Die Vermarktungsmengen werden als prozentualer Wert der Erzeugungsmengen angegeben.

Erzeugungsmengen für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV im Jahr 2019 in GWh, Vermarktungserlöse, Energy Brainpool

Abbildung 2: Erzeugungsmengen für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV im Jahr 2019 in GWh. (Quelle: Energy Brainpool, ENTSO-E Transparency)

Die Erzeugungsmengen bei PV liegen in Q4 erwartungsgemäß niedriger als in den Sommerquartalen (minus 81 Prozent im Vergleich zu Q3), allerdings in Q4 2019 auch 37 Prozent niedriger als im selben Quartal des Vorjahres. Diese Saisonalität für PV ist in Abbildung 2 deutlich zu erkennen, für Wind ist sie weniger ausgeprägt.

Die Erzeugungsmengen bei Wind Onshore sind in Q4 im Vergleich zu Q3 fast konstant geblieben, gegenüber dem Vorjahresquartal aber auch deutlich um 41 Prozent eingebrochen. Für Wind Offshore zeigt sich ein Rückgang von 14 Prozent gegenüber Q3 2019 bzw. 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Trotz der relativ niedrigen Erzeugungsmengen im vierten Quartal ist die Erzeugungsmenge aller feE im gesamten Jahr 2019 um 58 % gestiegen.

Aufgrund hoher Zubau-Raten bei PV, aufgrund eines guten Wind-Jahres und insgesamt niedrigerer Stromerzeugung (wegen gesunkener Nachfrage) konnte der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf über 42 Prozent deutlich gesteigert werden. [1]

Die Vermarktungsmengen lagen im November 2019 bei 100 Prozent, da es keine negativen Strompreise gab. Für Oktober 2019 lag die Vermarktungsmenge für Wind Onshore bei 98,6 Prozent aufgrund negativer Strompreise in der Nacht zum 27.10.2019. Der Dezember hatte sogar eine ganze Reihe von negativen Strompreisen – nicht nur am 23./24.12., sondern sehr deutlich auch am 8.12.2019. Zu dieser Zeit lag eine massive Windfront über Deutschland und brachte durchschnittlich über 30 GW Stromerzeugung, wie auch im Marktrückblick Dezember 2019 beschrieben.

Im Vergleich zum vorigen Quartal sind die Vermarktungsmengen für Wind leicht gesunken (Wind Onshore -0,6 Prozent, Wind Offshore -0,4 Prozent). Für PV dagegen sind sie leicht gestiegen (+1,3 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind die Vermarktungsmengen um ca. 0,8–1,8 Prozent gesunken.

Vermarktungserlöse PV und Wind und Baseload-Preise in Q4 2019

Die Vermarktungserlöse beschreiben die technologiespezifischen durchschnittlichen Erlöse der feE-Anlagen in Deutschland. Sie werden als Produkt aus Vermarktungswert und Vermarktungsmenge berechnet. Der Baseload-Preis ist der durchschnittliche Preis (ohne Mengengewichtung) der Day-Ahead Auktionen an der EPEX Spot.

Entwicklung des Baseload-Preises sowie der Vermarktungserlöse für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV in EUR/MWh im Jahr 2019., Vermarktungserlöse, Energy Brainpool

Abbildung 3: Entwicklung des Baseload-Preises sowie der Vermarktungserlöse für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV in EUR/MWh im Jahr 2019. (Quelle: Energy Brainpool, ENTSO-E-Transparency, EPEX SPOT)

Abbildung 3 zeigt den Vergleich von monatlichen Vermarktungserlösen und Baseload-Preisen. Historisch betrachtet war der Baseload-Preis in Deutschland im Sommer stets niedriger als im Winter, da im Winter die Nachfrage höher ist. Durch die Zunahme der feE-Anlagen wird dieses Schema jedoch immer wieder aufgebrochen. Das sehen wir zum Beispiel im einen relativ niedrigen Baseload-Preis. Die verhältnismäßig niedrigen Baseload-Preise im Dezember 2019 sind unter anderem Ergebnis hoher Stromerzeugung aus Wind. Die Preise hätten aber noch niedriger sein können, wenn über die Weihnachtsfeiertage und „zwischen den Jahren“ bei schwacher Nachfrage das Winddargebot größer gewesen wäre.

Im November war der Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung eher mau, sodass Kohle und Gaskraftwerke vermehrt zum Einsatz kamen und zeitweise Spitzenpreise von über 70 EUR/MWh entstanden.

Im Quartalsdurchschnitt lagen die Baseload-Preise in Q4 2019 um circa 3 Prozent niedriger als in Q3 und 31 Prozent niedriger als im Vorjahresquartal. Nachdem die Strompreise in 2018 stetig gestiegen waren, war der Baseload-Preis in 2019 ca. 15 Prozent niedriger als im Jahr davor. Eine niedrigere Nachfrage im gesamten Jahr, niedrige Gas- und Kohlepreise und stagnierende CO2 Zertifikatspreise sind die wesentlichen Gründe dafür.

Die monatlichen Vermarktungserlöse für PV lagen in Q4 2019 immer oberhalb des Baseload-Preises, im Gegensatz zu sieben anderen Monaten des Jahres. Die ausbleibende Kannibalisierung der PV-Anlagen in sonnenschwachen Wintermonaten führte zu diesem Ergebnis. Der Vermarktungserlös von Wind Onshore und Wind Offshore lag in Q4 stets unterhalb des Baseload Preises. Hier spielt der Kannibalisierungseffekt eine wesentliche Rolle.

Bei großen Windfronten wird der Preis an der Strombörse massiv gedrückt und die eingespeisten Kilowattstunden aus den Windenergieanlagen haben eine geringe Wertigkeit.

Da Offshore-Windanlagen weniger Erzeugungskapazität haben und ein konstanteres Einspeiseprofil vorweisen können, wirkt sich hier die Kannibalisierung (noch) nicht so stark aus.

 

Externe Quellen:

[1] Agora Energiewende, Jahresauswertung 2019: https://www.agora-energiewende.de/presse/neuigkeiten-archiv/co2-preis-drueckt-treibhausgasemissionen-und-kohleverstromung-2019-auf-rekordtiefs/