Wer dachte, das Energiejahr 2021 würde nach dem turbulenten Corona-Jahr 2020 eher ruhig verlaufen, wurde spätestens im September 2021 eines Besseren belehrt. Während in der ersten Hälfte des Jahres vorrangig der Klimaschutz das Hauptthema war, hat die zweite Hälfte des Jahres Rekordpreise in beinahe allen Märkten gebracht.

Seit Ende 2020 stiegen die Zertifikatspreise für CO2 im europäischen Emissionshandelssystem (EU ETS) stetig an. Ein Grund lag in der verbesserten wirtschaftlichen Lage nach den weltweiten Corona-Lockdowns im Jahr 2020. Weiterhin haben die politischen Akteure bekannt gegeben, das europäische Klimaziel von 40 auf 55 Prozent Treibhausgasemissionen in 2030 gegenüber 1990 zu verschärfen. Diese Verkündigung ließ die CO2-Preise im ersten Quartal 2021 auf beinahe 50 EUR/Tonne steigen.

Klimaschutzpläne treiben CO2-Märkte an

Der Markt nahm hierbei schon vorweg, was die EU Kommission am 14. Juli 2021 veröffentlicht hat. Konkret geht es um das „Fit for 55“ Paket, welches die Klimaschutzanstrengungen der EU bis 2030 deutlich nach oben korrigierte. Eine Verknappung der Zertifikate im EU ETS, die Integration des Schiffsverkehrs als auch die Einrichtung eines neuen EU ETS für Gebäude und Straßenverkehr bewegten die Energie- und Klimaexperten. Lesen Sie hierzu unsere Analysen zum Fit for 55 Paket im Detail (Teil I und Teil II). Abbildung 1 stellt die Entwicklung der CO2-Zertifikatspreise von Anfang 2021 bis Anfang Dezember 2021 (erstmalig über 75 EUR/Tonne) dar.

EUA-Preise im Verlauf von Januar bis Anfang Dezember 2021 in EUR/Tonne (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 1: EUA-Preise im Verlauf von Januar bis Anfang Dezember 2021 in EUR/Tonne (Quelle: Energy Brainpool)

Gegen Ende des Jahres spielten beim CO2-Preis jedoch weniger die langfristigen Preiserwartungen eine Rolle aufgrund der neuen Klimaziele. Vielmehr stiegen die Zertifikatspreise mit den Preisen für Gas und Kohle.

Jedoch nicht nur auf EU-Ebene, sondern auch in Deutschland hat die Exekutive ambitioniertere Pläne vorgelegt. So hat die Große Koalition im Mai 2021 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stärkere Klimaschutzpfade für die unterschiedlichen Sektoren im neuen Klimaschutzgesetz definiert. Nach unseren Berechnungen müssten für die Zielerreichung von 65 Prozent Emissionen in 2030 im Vergleich zu 1990 sehr viel mehr Erneuerbare zugebaut werden und gleichzeitig der Kohleausstieg in Teilen auf 2030 vorgezogen werden.

Steigender Energieverbrauch und schwache Erneuerbare

Die wirtschaftliche Erholung im Jahr 2021 führte zusammen mit einer kalten Witterung besonders in den ersten fünf Monaten des Jahres zu einem steigenden Energieverbrauch. So prognostiziert die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen ein Wachstum des Primärenergieverbrauchs von knapp 3 Prozent für das gesamte Jahr 2021.

Besonders der Gas- und Kohleverbrauch stieg zumindest in den ersten neun Monaten des Jahres um 8,5 bzw. über 20 Prozent. Nicht zuletzt war ein geringeres Dargebot an Windenergie über den Jahresverlauf Ursache hierfür. Die prozentualen Änderungen der unterschiedlichen Energieträger im Vergleich zu den ersten drei Quartalen 2020 sind in Abbildung 2 zu sehen.

Entwicklung des Primärenergieverbrauchs nach Technologie in Prozent Q1–Q3 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 2: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs nach Technologie in Prozent Q1–Q3 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (Quelle: Energy Brainpool)

Dementsprechend werden die energiebedingten Emissionen Deutschland im Vergleich zu 2020 um etwa 4 Prozent ansteigen. Die Verbrauchswerte von 2021 liegen jedoch immer noch unter den Werten des Vor-Corona-Jahres 2019. Größere Änderungen für die Stromerzeugung werden sich für das nächste Jahr vor allem aus der Stilllegung von drei Kernkraftwerken mit einer Leistung von über 4 GW Ende 2021 ergeben.

Knappe Energierohstoffe verursachen Rekordpreise

Während die Preise für Kohle und Gas an den Weltmärkten zu Beginn 2021 noch auf moderatem Niveau verharrten, ging es anschließend stetig nach oben. Der Rückgang von Corona-Maßnahmen beflügelte die Wirtschaft weltweit und ließ auch die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen ansteigen.

Ab September 2021 kannten die Preise jedoch kein Halten mehr. Der Monatsreferenzpreis für Erdgas in Europa am TTF-Handelspunkt erreichte über 120 EUR/MWh. Währenddessen stiegen die Kohlepreise auf über 250 USD/Tonne. Steigende Erdgasnachfrage in Asien führt zu weniger LNG-Lieferungen für Europa, während die Kohlepreise aufgrund der hohen chinesischen Strom- und somit Kohlenachfrage neue Rekorde verzeichneten.

Wir haben die Ursachen und Entwicklungen für die Auswüchse an den Commodity-Märkten in 2021 in zwei Blogbeiträgen genauer betrachtet: einerseits im Beitrag „Trends in der Stromerzeugung: Backswitch von Gas zu Kohle?“ und andererseits im Beitrag „Preisrallye an den Energiemärkten“. Abbildung 3 zeigt den Verlauf der Preise von Anfang 2021 bis Ende November für die unterschiedlichen Commodities.

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Frontjahres Base 2022 (candle sticks), des Gasfrontjahres am TTF 2022 (hellgrüne Linie), der CO2-Zertifikatspreise für Dezember 2022 (orangenfarbene Linie) und der API2 Kohlepreise für 2022 (rote Linie) von Anfang 2021 bis Ende November 2021 (Quelle: Montel)

Abbildung 3: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Frontjahres Base 2022 (candle sticks), des Gasfrontjahres am TTF 2022 (hellgrüne Linie), der CO2-Zertifikatspreise für Dezember 2022 (orangenfarbene Linie) und der API2 Kohlepreise für 2022 (rote Linie) von Anfang 2021 bis Ende November 2021 (Quelle: Montel)

Die sehr hochpreisige Situation von Anfang Oktober 2021 hat sich bis Ende des Jahres wieder etwas beruhigt. Dennoch zeigen die Preisbewegungen immer noch hohe Schwankungen. Die Extremsituation rund um die Commodity-Preise im Herbst und Winter 2021 wird sicherlich in den kommenden Monaten noch für weitreichende Diskussionen um Versorgungssicherheit, die Zulassung der Gaspipeline Nord Stream 2 und die Beschaffungsstrategien von Energieversorgern führen.

Was bewegt die Märkte in 2022?

Die große Volatilität und die Rekordpreise im Jahr 2021 werden die Marktteilnehmer noch einige Zeit beschäftigen. Beschaffungsstrategien und Risikohandbücher werden im Umgang mit einem stetig veränderlichen Marktumfeld wichtiger. Die hohen Strompreise dürften erneuerbaren PPAs weiter auf die Sprünge helfen, da sie verlässliche Preise und grünen Zusatznutzen verbinden. Absicherung von langfristigen PPAs, aber auch der Wechsel zwischen Vermarktungsmodellen für erneuerbare Energien dürfte im Anbetracht der hohen Marktwerte an Bedeutung gewinnen.

Die neue Koalition aus SPD, Grünen und FDP wird im kommenden Jahr eine Reihe von wichtigen Bausteinen auf den Weg bringen (Quelle: Koalitionsvertrag):

  • die drastische Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien (2 Prozent der Landesfläche für Onshore Wind, 200 GW PV und 30 GW Offshore Wind bis 2030)
  • der Umgang mit Kohleausstieg und Kapazitäten für Gaskraftwerke (Kohle-Aus bis 2030 und Überprüfung von Kapazitätsmechanismen)
  • die Weiterentwicklung und Harmonisierung der Klimaschutzziele mit den Vorgaben und Systemen auf EU-Ebene (80 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030, Mindestpreis für CO2)

Es bleibt also auch im nächsten Jahr spannend an den Energiemärkten. Wir freuen uns, Sie weiterhin begleiten und unterstützen zu können.