Während der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung die Weichen für die deutsche Klimapolitik stellt, wurde sich in der UN-Klimakonferenz auf weltweite Maßnahmen für den Klimaschutz geeinigt. Der erwartete Betrieb von Nord Stream 2 wird auf unbestimmte Dauer pausiert, da die Bundesnetzagentur den Zertifizierungsprozess gestoppt hat. Der CO2-Preis befindet sich auf einem Allzeithoch und auch auf dem Spotmarkt gibt es einen neuen Rekord.

Ergebnisse der COP26: Reichen die Maßnahmen aus, um das 1,5-Grad Ziel zu erreichen?

Abbildung 1: Titelblatt der COP26

Abbildung 1: Titelblatt der COP26 [1]

Die jährlich stattfindende UN-Klimakonferenz „Conference of the Parties“ (kurz COP) wurde vom 31. Oktober bis 12. November 2021 in Glasgow gehalten (siehe Abb. 1). In diesen knapp zwei Wochen haben die Mitgliedsstaaten über klimarelevante Themen diskutiert und sich auf weitere Maßnahmen geeinigt.

Im Abschlussdokument sind nun konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz festgehalten. Einer der wichtigsten Ziele ist es, die Kohleverbrennung und damit den CO2-Ausstoß weltweit zu reduzieren. Besonders Indien und China setzten sich dafür ein, dass sich der Ausstieg aus der Kohleverstromung lediglich auf Kraftwerke ohne CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) bezieht. Das heißt, dass Kraftwerke, bei denen die Abscheidung und Speicherung von CO2 möglich ist, weiterhin gefördert werden können (Quelle: bpb). Es wurde sich ebenfalls auf konkrete Regeln für den internationale Kohlenstoffhandel verständigt. In diesem Kontext stellte sich die Frage, in welchem Land die erzielte CO2-Einsparungen angerechnet und transferiert werden kann. Letztendlich darf ausschließlich das Land, in dem die CO2-Einsparungen realisiert werden, entscheiden, wo sie angerechnet werden (Quelle: energate-messenger).

Um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, sollen die Staaten bis 2022 ihre nationalen Klimaziele für 2030 nachbessern

Hierfür müssen die Treibhausgasemissionen, nach dem Glasgower Beschluss zufolge, um 45 Prozent im Vergleich zu 2010 reduziert werden (Quelle: bpb).

Mehr als 100 Staaten haben sich für den „Global Methane Pledge“ ausgesprochen. Das Ziel hierbei ist es, die Methanemissionen bis 2030 um 30 Prozent zu reduzieren. Die teilnehmenden Länder repräsentierten 70 Prozent der Weltwirtschaft, unter anderem ist auch Deutschland vertreten. Länder wie Indien, China und Russland beteiligen sich nicht, obwohl sie zu den fünf größten Verursachern von Methanemissionen gehören (Quelle: dw).

Unter anderem wurde beschlossen, dass ärmere Länder in den nächsten fünf Jahren 100 Milliarden Dollar von den Industrieländern für den Klimaschutz erhalten. Weitere 141 Länder, welche insgesamt über 90 Prozent der weltweiten Waldflächen umfassen, haben sich verpflichtet, bis 2030 den weltweiten Verlust der Wälder zu stoppen. Experten befürchten, dass die Maßnahmen richtungsweisend, die beschlossenen Klimaschutzziele aber höchstwahrscheinlich unzureichend sind, um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen (Quelle: bpb).

Welche Klimaziele verfolgt die neue Bundesregierung?

Offshore sowie der derzeitige Pfad für Wind Onshore aus dem EEG 2021

Abbildung 2: Pfade für erneuerbare Energien aus dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung für PV und Wind Offshore sowie der derzeitige Pfad für Wind Onshore aus dem EEG 2021 [2]

Am 24. November wurde nach wochenlangen Verhandlungen der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP vorgestellt. In diesem Kontext wurden unter anderem die Klimaschutzziele publiziert. Die neue Bundesregierung geht davon aus, dass sich der Bedarf für 2030 zwischen 680 und 750 TWh bewegen wird. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostrombedarf soll auf 80 Prozent steigen. Für den weiteren Ausbau soll der Fokus auf einem förderfreien Zubau liegen, d. h. durch PPAs und den Handel durch Herkunftsnachweise. Um den Ausbau zügig voranzutreiben, wurden die Pfade deutlich erhöht. Bis 2030 soll es eine installierte PV-Leistung von 200 GW geben (siehe Abb. 2). Das ist doppelt so viel wie das bisher angestrebte Ziel. Konkreter wird es auch bei Wind Offshore: Bis 2030 werden 30 GW angestrebt (Quelle: Montel).

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Kohleausstieg. Dieser soll statt 2038 acht Jahre früher als geplant erfolgen und damit Ende dieses Jahrzehnts vollendet sein. Darüber hinaus sollen die neu gebauten Gaskraftwerke so gebaut werden, dass sie auf klimaneutrale Gase umgestellt werden können und somit für die Nutzung von Wasserstoff bereit sind. Das Ziel ist es, bis 2030 eine Elektrolyse-Kapazität von rund 10 GW zu haben (Quelle: energate-messenger). Darüber hinaus soll die EEG-Umlage auf den Strompreis im Jahr 2023 abgeschafft werden. Die Einnahmen aus dem nationalen Emissionshandel sollen dabei die Einnahmen aus der EEG-Umlage ersetzen (Quelle: PV Magazine).

Bundesnetzagentur setzt Zertifizierungsprozess von Nord Stream 2 aus

Die rund 1200 Kilometer lange Gaspipeline der Nord Stream 2 AG wurde im September 2021 fertiggestellt. Die Pipeline gehört zum russischen Gaskonzern Gazprom. Sie hat die Aufgabe, Gas von Russland nach Deutschland sowie in weitere Länder zu transportieren. Am 16. November hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) mitgeteilt, dass der Zertifizierungsprozess für die Schweizer Betreibergesellschaft (eine Tochter der russischen Gazprom) von Nord Stream 2 ausgesetzt wird. Das Problem stellt die derzeitige Organisationsform des Schweizer Konzerns dar. Die BNetzA setzt voraus, dass eine neue Gesellschaft gegründet werden soll, die dem deutschem Recht unterliegt und damit den EU-Entflechtungsvorschriften entspricht. Anschließend kann die Pipeline für den Transport von Gas benutzt werden (Quelle: tagesschau). Die Gründung der neuen Gesellschaft, die anschließende Beurteilung durch die BNetzA und die Anhörung der EU-Kommission wird höchstwahrscheinlich ein längerer Prozess sein. Deshalb wird die Gaspipeline schätzungsweise erst im September 2022 den Betrieb von Russland nach Deutschland aufnehmen (Quelle: Montel).

EUA-Leitkontakt auf einem Allzeithoch

Abbildung 3: Prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (rote Linie) und des Frontjahrs Kohle (grüne Linie) von Anfang Oktober bis Ende November 2021

Abbildung 3: Prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (rote Linie) und des Frontjahrs Kohle (grüne Linie) von Anfang Oktober bis Ende November 2021 [3]

Im Vergleich zum Vormonat hat sich der Terminmarkt beruhigt und war weniger volatil (Vgl. Abb. 3). Die festeren CO2– und Gasnotierungen stützten das Stromfrontjahr. Der Cal 22 schloss zuletzt bei 138 EUR/MWh ab. Befürchtungen vor möglichen Corona-Lockdowns lasten auf den Commodity-Preisen.

Bedingt durch kältere Temperaturen und damit größerer Nachfrage hat der Gaspreis über den Monatsverlauf zugenommen. Trotz vergleichsweise niedriger Füllstände der Gasspeicher ist die Versorgungssicherheit über den Winter gewährleistet. Dieser Umstand hält den wachsenden Gaspreis im Zaum. Das Aussetzen des Zertifizierungsprozesses für Nord Stream 2 und die damit einhergehende Wartezeit bis zur tatsächlichen Betriebsaufnahme in Deutschland sorgte für zusätzliche Unsicherheiten im Gasmarkt. Die Höchststände bei EUA-Leitkontrakt beflügeln zusätzlich die Gaspreise.

Der CO2-Leitkontrakt hat über den November um 25 Prozent zugelegt und bereits relativ zu Beginn die 60 EUR/t EUA überwunden. Über den Monat wurden immer wieder neue Rekordpreise erreicht, bis die 70 Euro-Marke geknackt wurde. Zuletzt notierte der CO2-Dez-21-Kontrakt bei 74,21 EUR/t EUA und ist derzeit auf einem Allzeithoch (Quelle: Montel).

Geringe Einspeisung Erneuerbarer und Höchstpreise auf den Kurzfristmärkten

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im November 2021 in Deutschland

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im November 2021 in Deutschland [4]

Die Erneuerbaren Einspeisung lag im November mit 38,7 Prozent um 12 Prozent deutlich unter dem Vormonat (Vgl. Abb. 4). Das ist zur jetzigen Jahreszeit nichts Unübliches, da die Solareinspeisung rapide abnimmt. Das Einspeiseniveau lag im Durchschnitt zwischen 2 und 4 GW, wobei einmal ein Peak von 23 GW erzielt wurde. Die Windeinspeisung war über den November hinweg ziemlich volatil. Die Einspeisung liegt unter den Prognosen, aber teilweise wurden bis zu 47 GW erreicht (Quelle: Montel).

Aufgrund der teilweise geringen Windstromproduktion sind die Spotmarktpreise in die Höhe geschossen. Der Spitzenlastkontrakt hat mit 331,63 EUR/MWh am 22. November den höchsten Preis seit 14 Jahren erzielt (Quelle: Montel).

Spotmarkt oder Terminmarkt? Die extremen Preise machen diese Entscheidung sicher nicht leichter. Energy Brainpool hat deshalb eine Methode entwickelt, um die wahrscheinlichsten Spotmarktpreise zu ermitteln. Erfahren Sie hier mehr.

 

Bildquellenverzeichnis:

[1] https://ukcop26.org/

[2] energybrainpool.com

[3] https://www.montelnews.com/

[3] https://energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE&stacking=stacked_absolute_area&interval=month&download-format=image%2Fpng