Nach dem Vergleich des deutschen und des französischen Energiesystems blicken wir nun auf die Nummer drei und vier in der EU: Italien und Spanien. Beide Länder haben einen Kraftwerkspark und eine Stromerzeugung in ähnlicher Größenordnung. Allerdings basiert die italienische Stromerzeugung auf Erdgas, während Spanien größere Anteile seines Stroms aus Windkraft und auch Kernkraft erzeugt.

Ein Blick auf die Zahlen macht die Ähnlichkeiten und Unterschiede im Folgenden deutlich.

Wenig Unterschiede im Primärenergieverbrauch

Italien ist nach Wirtschaftsleistung und Bevölkerungszahl das drittgrößte Land der EU, Spanien das viertgrößte. Allein deshalb liegt der Primärenergieverbrauch Italiens über dem Spaniens. Der Unterschied zwischen den beiden Ländern ist allerdings nicht so stark ausgeprägt wie zwischen Deutschland und Frankreich, welche wir in diesem Beitrag miteinander verglichen haben.

Der Primärenergieverbrauch Italiens und Spaniens hat sich von 2010 bis 2020 um 19 beziehungsweise 18 Prozent reduziert. Maßgeblich dabei war auch der wirtschaftliche Einbruch durch die Corona-Pandemie in 2020. Abbildung 1 zeigt die Veränderung des Primärenergieverbrauchs der vier Länder zwischen 2010 und 2020 (Quelle: AGEB, IEA, ourworldindata.org).

Veränderung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland (DE), Frankreich (FR), Italien (IT) und Spanien (ES) von 2010 bis 2020 in PJ (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 1: Veränderung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland (DE), Frankreich (FR), Italien (IT) und Spanien (ES) von 2010 bis 2020 in PJ (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Bei detaillierter Betrachtung wird deutlich: Die Anteile der einzelnen Energieträger am Primärenergieverbrauch Italiens und Spaniens sind sehr ähnlich. Beide Länder weisen bei Öl einen Anteil von über 40 Prozent auf und gewinnen jeweils knapp 20 Prozent ihrer Primärenergie aus erneuerbaren Energien. Eine Gegenüberstellung der verschiedenen Primärenergieträger der beiden Länder ist in Abbildung 2 zu sehen (Quelle: ourworldindata.org).

Anteile verschiedener Energieträger am Primärenergieverbrauch in Spanien (innerer Ring) und Italien (äußerer Ring) im Jahr 2020 in Prozent (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 2: Anteile verschiedener Energieträger am Primärenergieverbrauch in Spanien (innerer Ring) und Italien (äußerer Ring) im Jahr 2020 in Prozent (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Unterschiede gab es im Jahr 2020 vor allem bei der Kernkraft, welche 10 Prozent des Energieverbrauchs Spaniens ausmacht, jedoch in Italien keine Rolle spielt. Die Nutzung von Gas ist in Italien mit 36 Prozent hingegen stärker ausgeprägt als in Spanien. Kohle als Energieträger spielt in beiden Ländern nur eine untergeordnete Rolle.

Höhere Emissionen in Italien

Die reinen CO2-Emissionen (produktionsbezogen) der beiden Länder lagen im Jahr 2020 bei 304 Mio. Tonnen in Italien und bei 209 Mio. Tonnen in Spanien (Quelle: ourworldindata.org). Seit dem Höchststand um das Jahr 2005 sind die Emissionen durch Verbrennung fossiler Rohstoffe in beiden Ländern um fast 60 Prozent gesunken. Einen großen Beitrag dazu lieferte sowohl die Corona-Pandemie in 2020, als auch der Rückgang der Kohleverstromung in beiden Ländern und die verstärkte Nutzung von Gas anstelle von Öl in industriellen Prozessen. Bei einem Pro-Kopf-Vergleich wird die Ähnlichkeit ebenfalls deutlich: 5 Tonnen pro Jahr in Italien und 4,5 Tonnen pro Jahr in Spanien.

Die höhere CO2-Intensität der Stromerzeugung in Italien wirkt sich hier aus. Während die durchschnittliche kWh in Spanien nur 166 gCO2 emittiert, schlägt der größere Anteil der Erzeugung in Gaskraftwerken in Italien zu Buche. Dort lag die CO2-Intensität des Strommix im Jahr 2021 bei 224 gCO2 pro kWh. An dieser Stelle wird der Unterschied der beiden Stromsysteme deutlich.

Unterschiede in der Stromerzeugung

Die installierte Leistung von Kraftwerken liegt in beiden Ländern bei etwas über 115 GW. Während Italien jedoch eine Kapazität von 44 GW an Gaskraftwerken hat, sind in Spanien nur 33 GW (inklusive Blockheizkraftwerke) installiert. In Italien waren Ende 2021 über 22 GW an Solarkapazität installiert, während in Spanien nur 17 GW an das Stromnetz angeschlossen waren. 2,3 GW der spanischen Solarkapazität machten letzten Jahr außerdem Solarthermiekraftwerke aus. Der größte Unterschied zwischen den Ländern tritt jedoch bei der Windenergie und der Nutzung von Kernenergie auf. Spaniens Windkraftanlagen haben eine Leistung von knapp über 28 GW, wohingegen in Italien nur 11 GW installiert sind. Italien hat keine Kernkraftwerkskapazitäten, Spanien hingegen 7 GW an installierter Leistung. Abbildung 3 zeigt den Kraftwerkspark der beiden Länder (Quelle: RES, ENTSO-e, TERNA).

Spanische (ES) und italienische (IT) Stromerzeugungskapazitäten Ende 2021 in GW (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Abbildung 3: Spanische (ES) und italienische (IT) Stromerzeugungskapazitäten Ende 2021 in GW (Quelle: Energy Brainpool, 2022)

Beim Vergleich der Stromerzeugung wird der Unterschied noch deutlicher. Spanien erzeugte im Jahr 2021 knapp 260 TWh an Strom, Italien knapp 280 TWh (Import von etwa 10 Prozent des Stromverbrauchs). Allerdings stammen circa 55 Prozent der italienischen Stromproduktion aus Erdgas. Die Abhängigkeit ist hier demnach besonders hoch (siehe auch unseren Beitrag zur EU-Taxonomie). In Spanien liegt der Anteil von Gas nur bei 28 Prozent. Abbildung 4 verdeutlicht die Unterschiede in der Stromerzeugung (Quelle: RES, TERNA).

Bruttostromerzeugung in 2021 in Spanien (ES) und Italien (IT) in TWh (Quelle: Energy Brainpool nach RES und TERNA, 2022)

Abbildung 4: Bruttostromerzeugung in 2021 in Spanien (ES) und Italien (IT) in TWh (Quelle: Energy Brainpool nach RES und TERNA, 2022)

Erneuerbare Energien erzeugten in 2021 in beiden Ländern über 40 Prozent des Stroms, wobei Spanien besonders aufgrund einer Erzeugung von 60 TWh aus Windstrom gegenüber von nur 20 TWh in Italien einen höheren Anteil hat.

Ausstieg aus Kohle und Kernkraft, mehr Erneuerbare

Die Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern wird derzeit besonders durch den Krieg in der Ukraine und des möglichen Lieferstopps von Kohle, Öl und Gas aus Russland deutlich. Sowohl Italien als auch Spanien planen den Ausstieg aus der Kohleerzeugung. So sollen die spanischen Kohlekraftwerke bis spätestens 2030, die italienischen bis 2025 abgeschaltet werden (Quelle: Euractiv, IAI). Jedoch bringt die hohe Abhängigkeit von russischem Erdgas die Pläne Italiens derzeit durcheinander. Eine Verlängerung der Laufzeit der Kohlekraftwerke ist dort im Gespräch (Quelle: ansa).

Mit einem Anteil von 20 Prozent an der Stromerzeugung ist die Kernkraft in Spanien immer noch eine wichtige Stromquelle. Dennoch möchte das Land aus der zivilen Nutzung der Kernenergie aussteigen. Gemäß Spaniens Energie- und Klimaplan sollen die Kernkraftwerke im Zeitraum 2027 bis 2035 stillgelegt werden (Quelle: EU Kommission).

Die Erzeugungskapazität erneuerbarer Energien soll in beiden Ländern stark steigen. In Spanien werden dabei schon heute große PV-Parks mithilfe von PPAs finanziert und installiert (Quelle: PV Magazine). Auch in Italien soll mehr Geld in den Ausbau der Erneuerbaren fließen (Quelle: Reuters). Trotz einiger Unterschiede in der Stromerzeugung stehen beide Länder also vor dem Ausstieg aus konventionellen Kraftwerken und dem verstärkten Zubau von erneuerbaren Energien.

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