Das Jahr 2020 war durch die Corona-Pandemie geprägt. Auch die Energiewirtschaft war von den Auswirkungen der Pandemie und den unterschiedlichen Lockdowns stark betroffen. Gewinner sind nach jetzigem Stand die Erneuerbaren, besonders im PPA-Bereich, aber auch Wasserstoff als neues Lieblingsthema der Branche.
Die Covid-19-Pandemie hat den Kurs der Energiewirtschaft 2020 maßgeblich geprägt. Durch soziale und wirtschaftliche Einschränkungen ist die Stromnachfrage im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozent gesunken (Quelle: Agora Energiewende). Das führte zu unterschiedlichen Auswirkungen auf den Terminmärkten.
Die Auswirkungen der Pandemie
Die weltweiten Großhandelspreise für Commodities erreichten historische Tiefpunkte im März 2020. Die Ölsorte Brent notierte Mitte März seinen tiefsten Fall seit Ausbruch des Golfkrieges 1991 bei 27 USD/Barrel – ungefähr 50 Prozent weniger als noch Anfang März.
Insgesamt deuten Daten und Schätzungen darauf hin, dass der globale Verbrauch an flüssigen Brennstoffen im Jahr 2020 um 9,0 Mio. Barrel pro Tag zurückgegangen ist – der größte jährliche Rückgang in den EIA-Daten seit 1980 (Quelle: EIA).
Mit den ersten Lockerungen im Mai erholten sich die Commodity-Preise und verzeichneten eine positive Entwicklung. Ob bei Kohle, Öl, Strom oder CO2-Zertifikaten, überall ging es preislich nach oben. Nur die Gaspreise zeigen einen stagnierenden Verlauf. Mit besseren Konjunkturaussichten und dem Rettungspaket der EU stiegen über den Sommer hinweg auch die Preise an den Commodity-Märkten.
Entwicklungen im Herbst 2020
Schließlich sanken mit den steigenden Fallzahlen und der Befürchtung eines zweiten Lockdowns im Herbst die Preise. Dementsprechend wurden Anfang November 2020 die Commodity-Preise durch die Hoffnung eines Impfstoffes beflügelt. Zusätzlich hat die Klarheit um den Ausgang der USA-Präsidentschaftswahl zum Anstieg des Ölpreises beigetragen. Die EUA-Kontrakte sind aufgrund der höheren Klimaziele der EU-Kommission gegen Ende des Jahres gestiegen. Milderes Wetter im gesamten Jahr hat auf die Gaspreise gedrückt. Und selbst im Winter notierten sie zumindest in 2020 auf einem ungewöhnlich niedrigen Niveau (Quelle: montel).
Der durchschnittliche Preis beim deutschen Frontjahr für Grundlaststrom lag mit 40,07 Euro/MWh, mehr als 7 Euro/MWh, unter dem im Jahr vorher. Der Tiefpunkt wurde zu Beginn der Pandemie am 23. März erreicht und man konnte trotz der Rückschläge eher steigende Tendenzen beobachten. Am Ende des Jahres lag der Schlusskurs bei knapp 50 Euro/ MWh (Quelle: energate-messenger).
Abbildung 1 zeigt die Preisentwicklungen des Frontjahres Strom Deutschland sowie für CO2-Zertifikate, Öl und Kohle.
Wenn Sie weitere Informationen zu den Auswirkungen der Pandemie suchen, empfehlen wir die Beiträge „Corona-Pandemie und Energiemarkt: eine quantitative Abschätzung über mittelfristige Entwicklungen“ und „Zusammenhänge und Folgen der Corona-Pandemie auf die Energiemärkte“.
Erneuerbare Energien überholen konventionelle Energieträger
Die Erneuerbaren Energien räumten 2020 ordentlich ab und gehen als Sieger der Pandemie hervor. Der Anteil von Erneuerbaren Energien an der öffentlichen Nettostromerzeugung in Deutschland landete letztes Jahr auf einem Rekordhoch bei 51 Prozent. Sie hatten somit erstmalig einen höheren Anteil als die konventionellen Energieträger. Dazu beigetragen haben sowohl ein gutes Windjahr als auch ein gutes Sonnenjahr.
Der Rückgang von 5,2 Prozent bei der Stein- sowie Braunkohle geht größtenteils auf die Kostenvorteile der Gaskraftwerke zurück. Die Stromerzeugung von Erneuerbaren Energien lag in Deutschland bei 233 Mrd. kWh, was einen Zuwachs von 9,7 TWh im Vergleich zu 2019 bedeutet (Quelle: Montel).
Abbildung 2 stellt die Anteile der Primärenergieträger an der Nettostromerzeugung in Deutschland dar.
PPA: steigende Abschlüsse in Deutschland trotz Pandemie
Wegen der unsicheren wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach langfristigen Stromverträgen mit erneuerbaren Energien im März stark zurückgegangen. In den Sommermonaten hat sich die Nachfrage wieder erholt. Der Grund war das gestiegene Interesse, sich langfristig abzusichern und nicht mehr den volatilen Strompreisen am Spotmarkt ausgesetzt zu sein. Beispielsweise sind die Spotmarkteinnahmen für die Windenergiebetreiber im letzten Jahr aufgrund der Pandemie um 19 Prozent gesunken.
Ein weiterer zentraler Treiber waren vor allem ausländische Märkte wie Spanien oder die skandinavischen Länder. Aber auch in Deutschland sind steigende PPA-Abschlüsse zu beobachten. In Abbildung 3 sehen Sie die bereits abgeschlossenen PPAs in Europa. Voraussichtlich ist ein Wachstum der PPA-Kapazitäten von 2 GW auf 5-6 GW bis Ende 2021 abzusehen. (Quelle: Montel)
Dabei wird der Großteil der Nachfrage insbesondere von großen Unternehmen gestemmt, die mittels Grünstrom-PPAs einen klimaneutralen Kurs anstreben. Beispielsweise hat die Deutsche Bahn letzten November drei neue Grünstrom-PPAs von knapp 780 Mio. kWh abgeschlossen und möchte 2038 den Schienenverkehr nur noch mit Grünstrom versorgen (Quelle: Energie&Management).
Der Hoffnungsträger Wasserstoff
Wasserstoff gilt als vielversprechender Energieträger der Zukunft. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geht so weit, ihn als „Schlüsselelement für die Energiewende in Deutschland“ zu bezeichnen. Es stellt eine Alternative zu fossilen Energieträgern dar und ist über verschiedene Sektorengrenzen hinweg einsetzbar und bietet so große Synergiepotenziale. Die primären Anwendungsbereiche werden der Verkehrssektor und die Industrie sein (Quelle: BMWI).
Die EU-Kommission hat im Juni 2020 ihre Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa vorgelegt. Daraus geht hervor, dass der Anteil von grünem Wasserstoff im Energiemix bis 2050 um mehr als 10 Prozentpunkte zulegen wird und bis zu 24 Prozent des Weltenergiebedarfs im Jahr 2050 decken könnte. Um der Nachfrage in Europa nachzukommen wären bis zu 120 GW an neuen Wind- und PV-Kapazitäten nötig (Quelle: PV Magazine).
In Deutschland wurde ebenfalls im Juni der Nationaler Wasserstoffrat gegründet. Die Aufgabe dieses Gremiums ist es, die Bundesregierung durch Vorschläge und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der deutschen Wasserstoffstrategie zu unterstützen. Der Vorschlag grünen Wasserstoff von der EEG-Umlage zu befreien, um Wasserstofftechnologien zu unterstützen, wird wahrscheinlich Mitte 2021 umgesetzt werden. Damit soll dem zentralen Problem der mangelnden Wirtschaftlichkeit angegangen werden (Quelle: BMWI).
Wasserstoff bleibt weiterhin ein spannendes und sich wandelndes Thema. Passend dazu bieten wir am 16. und 17. März das Seminar „Game Changer Wasserstoff“ an.
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