Aufgrund des Krieges in der Ukraine war der Februar 2022 geprägt von starken Preisbewegungen auf den Kurzfrist- und Terminmärkten. Die Zertifizierung von Nord Stream 2 wurde nun endgültig ausgesetzt. Wegen der derzeitig hohen Energiepreise schafft die Bundesregierung die EEG-Umlage bereits Mitte dieses Jahres ab. Und während hierzulande dieses Jahr der Atomausstieg geplant ist, werden in Frankreich weitere Kernkraftwerke geplant.

Abschaffung EEG-Umlage: erhoffte Entlastung für Verbraucher?

Im vergangenen Monat hatte die Bundesregierung bereits angekündigt, eine Gesetzesreform einzuleiten, um Verbraucher:innen vor gestiegenen Energiepreisen zu schützen. Laut dem Statistischen Bundesamt mussten Verbraucher:innen im Januar 2022 20,5 Prozent mehr für Energie bezahlen als im Jahr zuvor.

Deshalb hat die Bundesregierung bei einem Koalitionsgipfel am 23. Februar weitere Schritte eingeleitet und beschlossen die EEG-Umlage zum 1. Juli abzuschaffen. Damit soll der Endverbraucher sechs Monate früher als geplant entlastet werden. Die hohen Strompreise sind hauptsächlich auf hohe Gaspreise, hohe CO2-Abgaben und gestiegene Netzentgelte zurückzuführen (Quelle: energate-messenger). Wie in Abbildung 1 dargestellt, hat sich die EEG-Umlage seit 2014 über 6 ct/kWh bewegt und liegt erstmals darunter bei 3,723 ct/kWh.

Damit ist die Umlage um 43 Prozent gesunken (Quelle: netztransparenz). Die Abnahme ist zum einen auf die gestiegenen Börsenpreise und damit höheren Vermarktungserlösen der erneuerbaren Energieträger zurückzuführen. Zum anderen werden dem EEG-Konto seit 2021 die Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung gutgeschrieben. Diese beliefen sich 2021 auf 10,8 Mrd. Euro. In 2022 beläuft sich der Zuschuss auf 3,25 Mrd. Euro (Quelle: BMWI).

Laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) wird die Abschaffung der EEG-Umlage zu Entlastungen in Höhe von 6,6 Milliarden Euro führen. Ob die Vergünstigungen in diesem Umfang bei den Endverbraucher:innen ankommen, bleibt umstritten (Quelle: FAZ).

Entwicklung der EEG-Umlage von 2010 bis 2022, Energy Brainpool

Abbildung 1: Entwicklung der EEG-Umlage von 2010 bis 2022 (Quelle: Energy Brainpool)

Wie wird Deutschland unabhängiger von russischen Gasimporten?

Nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert ist, wurde das bereits gestoppte Zertifizierungsverfahren von Nord Stream 2 endgültig ausgesetzt. Durch die Nutzung der Pipeline wäre es möglich gewesen, 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr in das Gebiet der Europäischen Union zu leiten. Derzeit stammen 65 Prozent des importierten Erdgases in Deutschland aus Russland.

Es ist unwahrscheinlich, dass Russland seine Gasexporte in die EU stoppt, da das Land auf die finanziellen Einnahmen der Energieexporte angewiesen ist (Quelle: WirtschaftsWoche). Um eine Versorgungsunabhängigkeit zu erlangen, kündigte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Aufbau einer nationalen Gas- und Kohlereserve an (Quelle: energate-messenger).

In diesem Zusammenhang sprechen Energiemarkt-Akteure zunehmend über den Import von LNG (Liquified Natural Gas). Momentan besitzt Deutschland kein eigenes Terminal. Doch der Bau des ersten Terminals in Niedersachsen wurde angestoßen. Bis dieses Terminal funktionstüchtig ist, wird es jedoch noch bis 2026 dauern. Bis dahin kann Deutschland Flüssiggas lediglich über seine Nachbarländer Belgien, Frankreich oder Niederlande importieren (Quelle: tagesschau). In Abbildung 2 sind bestehenden und geplanten LNG-Terminals für die EU abgebildet.

LNG-Terminale in Europa, Stand: 2022 Energy Brainpool

Abbildung 2: LNG-Terminale in Europa, Stand: 2022 (Quelle: EU-Kommission)

Atomkraft: Deutschland steigt aus, Frankreich kündigt weitere Kernkraftwerke an

Während in Deutschland der Atomausstieg noch Ende dieses Jahres ansteht, wird in Frankreich momentan noch ungefähr 70 Prozent der Nettostromerzeugung aus Kernkraft gewonnen. Der französische Präsident Macron kündigte sechs neue Atomkraftwerke an. Das erste könnte bereits 2035 ans Netz gehen. Damit soll die Versorgungssicherheit weiterhin gewährleistet und der Weg zur Klimaneutralität geebnet werden. (Quelle: tagesschau).

Nachdem der französische Stromversorger EDF schon Dezember letzten Jahres festgestellt hatte, dass Sicherheitsmängel bei einem Kernkraftwerk aufgetreten sind, wurden letzten Monat zwei weitere Kernkraftwerke vorsorglich abgeschaltet, um näher untersucht zu werden. Es waren Risse in den Sicherheitskreisläufen der Reaktoren zu erkennen. Das Erzeugungsziel der Kernkraftwerke wurde daraufhin für dieses Jahr auf 295–315 TWh gesenkt. Geplant waren ursprünglich 300–330 TWh. Bis Ende 2023 sollen alle 56 Reaktoren in Frankreich untersucht und damit abgeschaltet werden. Deshalb haben die Franzosen auch das KKW-Produktionsziel für 2023 um 12 Prozent nach unten geschraubt und damit auf 300–330 TWh gesenkt (zu den bisher geplanten 340-370 TWh) (Quelle: Montel).

Weshalb die Europäische Kommission die Kernkraft in die EU-Taxonomie aufgenommen und als klimafreundlich eingestuft hat, können Sie hier nachlesen.

 Starke Bewegungen auf den Terminmärkten

In der ersten Hälfte des Monats haben rekordmäßige Windeinspeisungen die Preise gedrückt. Durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine reagierten die Terminmärkte mit starken Preisbewegungen und die Strom-, Gas-, Öl- und Kohlepreise schossen in die Höhe. Der Gaspreis für das Frontjahr erzielte am 24. Februar 73 EUR/MWh, um am nächsten Tag um 20 Prozent zu fallen. Die Erholung ist auf das milde Wetter, hohe LNG-Speicherfüllstände und den überraschend hohen Gaslieferungen aus Russland zurückzuführen (Quelle: Montel).

Das Cal 23 ist auf ein Rekordhoch von 132 EUR/MWh gestiegen. Auch der Kohlepreis reagierte auf den Konflikt mit einem starken Anstieg von ungefähr 30 Prozent. Der Frontmonat für Brent-Öl erreichte am 22. Februar ein 7-Jahreshoch. Er stieg bis auf 97,83 USD/bbl (Quelle: Montel).

Am 8. Februar 2022 handelte der EUA-Kontrakt auf einem neuen Allzeithoch bei 98,49 EUR/t EUA. Mit zunehmenden Sanktionen gegenüber Russland ist der CO2-Kontrakt gefallen und hat am Ende des Monats mit ungefähr 83 EUR/t EUA abgeschlossen (Quelle: Montel).

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks) der Ölsorte Brent mit Lieferung im April 2022, Energy Brainpool

Abbildung 3: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der Ölsorte Brent mit Lieferung im April 2022 (orangenfarbene Linie), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (rote Linie), des Frontjahres Gas am TTF (gelbe Linie) und des Frontjahrs Kohle (grüne Linie) von Anfang bis Ende Februar 2022 (Quelle: Montel)

Hohe Windeinspeisung und die Ukraine-Krise treiben die Preise der Kurzfristmärkte

Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Nettostromerzeugung belief sich auf dem Rekordhoch von 61,70 Prozent. Im Vergleich: Im Februar 2021 lag der Anteil bei 44,7 Prozent. Der hohe Anteil liegt insbesondere an der rekordverdächtigen Windeinspeisung in diesem Monat (Quelle: Energy-Charts).

Das Sturmtief „Zeynep“ brachte die Windeinspeisung am 19. Februar auf 41.000 MWh. Das drückte die Spotpreise für 4 Stunden in den negativen Bereich. Trotz der Rekordwindeinspeisung am 20. Februar von 48.663 MWh aufgrund des Sturmtiefs “Antonia” sind die Sportpreise im positiven Bereich geblieben (Quelle: energate-messenger).

Die Preise auf den Kurzfristmärkten unterlagen aufgrund der Ukraine-Krise auch starken Preisschwankungen. Der Day-Ahead am niederländischen TTF kam mit 100 EUR/MWh aus dem Handel.

Stromerzeugung und Verbrauch im Februar 2022 in Deutschland, Energy Brainpool

Abbildung 4: Stromerzeugung und Verbrauch im Februar 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts)

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Hier gehts zum >> Energiemarkt-Review Januar und zum >> Jahresrückblick 2021.

 

 

Sekundärquelle: https://www.cleanenergywire.org/factsheets/liquefied-gas-does-lng-have-place-germanys-energy-future