Aufgrund der anhaltenden Kriegssituation zwischen Russland und der Ukraine ist keine Entspannung am Energiemarkt zu beobachten. Europa verhängt neue Sanktionen gegen Russland und sucht nach alternativen Lieferanten für Gas und Kohle. Die Bundesregierung hat ein neues Maßnahmenpaket mit Unterstützungshilfen für energieintensive Unternehmen vorgelegt.
Die Ergebnisse der Solar- und Biomasseausschreibungen wurden bekannt gegeben. Sowohl die Kurzfrist- wie auch die Terminmärkte unterlagen starken Preisschwankungen. Die Stromerzeugung im April 2022 war gezeichnet von sonnigen Stunden.
Wie Europa sich von russischen Energieimporten unabhängig machen will
Russland kündigte Ende April 2022 an die Gasexporte nach Polen und Bulgarien anzuhalten, weil diese aus der Sicht von Moskau den Zahlungsforderungen nicht wie vereinbart nachgekommen wären. Zudem drohte der russische Präsident Wladimir Putin weiteren Staaten mit Gaslieferstopps, wenn die Zahlungen nicht in Rubel erfolgen sollten. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen machte jedoch deutlich, dass dies ein Verstoß gegen die EU-Sanktionen bedeuten würde. Bei einem Verstoß gegen die EU-Sanktionen drohen beteiligten Unternehmen Konsequenzen. Um diese zu umgehen, muss für das Bezahlen von Gas lediglich ein Konto bei der russischen Gazprombank eröffnet werden. Diese konvertiert den Euro oder Dollar in Rubel (Quelle: Tagesschau).
Bedingt durch die anhaltende geopolitische Krise haben die EU-Mitgliedstaaten eine Einkaufsplattform für Gas, LNG und Wasserstoff aufgebaut. Dadurch möchte man unabhängiger von russischen Energieimporten werden und gegen die starken Preisschwankungen von Erdgas reagieren.
Zudem stoppt Europa die russische Kohleeinfuhr ab dem 10. August. Neue potenzielle Lieferanten sind die USA, Südafrika, Kolumbien oder Australien. Im Gegenzug dazu sucht Russland seinerseits nach Abnehmern für die Energieexporte. Trotz des Krieges ist der Umsatz aus den Verkäufen fossiler Brennstoffe von Russland seit dem Ausbruch auf 63 Mrd. Euro gestiegen. Ein Grund hierfür sind die anhaltenden Lieferungen über Pipelines nach Europa in Kombination mit dem Preisanstieg von Gas (Quelle: Montel). Abbildung 1 zeigt den Verlauf des Gaspreises der letzten 5 Jahre. Der starke Preisanstieg seit Kriegsbeginn ist deutlich zu sehen.
An oberster Priorität steht es, die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten. Mehr Informationen zum Thema der Auswirkungen eines russischen Erdgaslieferstopps nach Deutschland und Europa erhalten Sie in folgendem Blogbeitrag: „Warum es gut ist, dass die Gazprom Germania einer Treuhandverwaltung unterstellt wurde!“
Maßnahmenpaket für energieintensive Unternehmen
Am 8. April kündigten Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein Maßnahmenpaket an. Damit möchte die Bundesregierung Unternehmen unterstützen, die aufgrund der hohen Energiepreise infolge des Russland-Ukraine-Krieges finanzielle Verluste zu verzeichnen haben.
Das Paket beinhaltet staatliche Hilfen für Unternehmen in Deutschland. Unter anderem ist ein Kreditprogramm der KfW vorgesehen. Bei nachgewiesener Betroffenheit erhalten Unternehmen aller Größenklassen und Branchen Zugang zu günstigeren Krediten mit vergünstigten Zinssätzen, um kurzfristig die Liquidität zu sichern.
Außerdem gibt es noch anderweitige Bürgschafts- und Zuschussprogramme. Energieintensive Unternehmen, die mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise konfrontiert sind, können einen direkten Zuschuss erhalten. Dabei wird ein Teil der Preisdifferenz der gezahlten Strom- und Gaskosten im Jahr 2022 im Vergleich zu den im Jahr 2021 angefallenen Kosten anteilig bezuschusst. Besonders betroffene Unternehmen erhalten einen höheren prozentualen Anteil und damit höhere Zuschüsse (Quelle: Bundesfinanzministerium).
Ausschreibungen für Solaranlagen erstmals nicht drastisch überzeichnet
Anfang März haben Ausschreibungen für Solaranlagen des ersten Segments stattgefunden. Demnach konnten Freiflächenanlagen und Solaranlagen auf baulichen Anlagen größer als 750 kW teilnehmen.
Insgesamt wurden 209 Gebote im Umfang von 1.116 MW eingereicht. Somit wurde die ausgeschriebene Menge nur leicht überzeichnet, wohingegen bei allen vergangenen Auktionen die Differenz zwischen eingereichter Menge und ausgeschriebener Menge deutlich höher war. Hauptgrund hierfür war das doppelt so hoch ausgeschriebene Volumen dieses Jahr im Vergleich zu den letzten Runden. Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Ausschreibungsmenge und der eingereichten Menge seit 2015.
Bezuschlagt wurden 201 Gebote mit einer Gesamtleistung von 1.084 MW. Die im Gebotsverfahren ermittelten Zuschlagswerte liegen zwischen 4,05 ct/kWh und 5,55 ct/kWh und der mengengewichtete durchschnittliche Zuschlagswert liegt bei 5,19 ct/kWh.
Am 1. Juni und am 1. November 2022 stehen noch zwei weitere Ausschreibungen für das Segment an. Die nächste Runde hat ein etwas höheres Ausschreibungsvolumen von 1.126 MW.
Anders sieht es bei der Ausschreibung von Biomasseanlagen aus. Obwohl knapp 275 MW ausgeschrieben waren, wurden nur Gebote in Höhe von 81 MW eingereicht. Die Zuschlagswerte liegen zwischen 12,18 ct/kWh und 18 ct/kWh und der mengengewichtete durchschnittliche Zuschlagswert lag bei 15,75 ct/kWh (Quelle: Bundesnetzagentur).
Turbulente Entwicklungen am Terminmarkt und Frontjahr Strom erreicht neuen Rekordpreis
Die EU verhängt ein Embargo auf Steinkohle aus Russland. Demnach müssen ab dem 10. August alle Kohleimporte gestoppt werden. Deshalb erlebten die Kohlepreise in der ersten Hälfte des Monats einen Zuwachs um 40 Prozent. Nichtsdestotrotz bleiben die Einfuhren derzeit konstant wodurch sich der Preis auch wieder stabilisiert hat (Quelle: Montel).
Der Gaspreis bewegt sich eher seitwärts, aber über den Monat hinweg unterlag das Gas Frontjahr starken Preisschwankungen. Die Kriegssorgen haben den Verlauf der Terminmarktpreise stark beeinflusst.
Der Ölpreis gab mit dem strikten Corona-Lockdown in China nach, denn es breitete sich die Befürchtung aus, dass der Energieverbrauch drastisch gemindert wird. Mit den Maßnahmen wird der Ölverbrauch um 1,2 Mio. bbl/Tag fallen. Dem Verlauf der schwachen Ölpreise folgte auch der EUA-Leitkontrakt. Er schloss bei ungefähr 83 EUR/t EUA ab, jedoch sind Aufwärtstendenzen zu erkennen (Quelle: Montel).
Am Ende des Monats sorgte die Meldung, dass Russland die Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien einstellt für starke Preisbewegungen an den Energiemärkten (Quelle: energate-messenger). Nachdem das Stromfrontjahr bereits in diesem Monat die 200-EUR-Marke geknackt hatte, wurde die Commodity mit den Kohle- und Gaspreisen auf ein neues Rekordhoch von 204 EUR/MWh getrieben (Quelle: Montel).
Die prozentuale Preisentwicklung der Commodities ist in Abbildung 3 zu sehen.
Wenig Wind, dafür öfters Sonne
Der April hat mit viel Wind gestartet, doch über den Rest des Monats lag die Windeinspeisung unter der saisonalen Norm. Die Leistung verzeichnete teilweise weniger als ein GW. Jahreszeitenbedingt wächst die Solareinspeisung und die Leistung lag öfters über 30 GW. Zusammengefasst betrug der durchschnittliche Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland im April 54,5 Prozent. Somit liegt der Wert sowohl über dem Jahresdurchschnitt als auch fünf Prozentpunkte über dem Vorjahreswert (Quelle: Energy-Charts). Zudem betrug die Nettostromerzeugungsmenge von den erneuerbaren Energieträgern knapp 21,59 TWh.
Die Temperatur zeigte über den Monat hinweg starke Schwankungen. So lag sie zu Beginn unter dem Durchschnitt und am Ende des Monats teilweise fünf Grad über der Norm. Der weitestgehend trockene April und die geringen Niederschläge im Frühsommer könnten zu Lieferschwierigkeiten beim Kohletransport oder zu Problematiken bei der Flusswasserabkühlung bei Anlagen führen (Quelle: Montel).
Was passierte im März 2022 auf dem Energiemarkt? Hier gehts zum vorherigen Blogbeitrag.
Quellenverzeichnis:
1 Energy Brainpool
2 Energy Brainpool
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