Der Russland-Ukraine-Krieg beeinflusst den Energiemarkt nachhaltig. Während die Preise auf den Kurzfrist- und Terminmärkten in die Höhe schießen, versucht die Politik dem entgegenzuwirken. Mit einem Entlastungspaket soll der Endverbraucher weniger belastet werden und der Notfallplan soll die Gasversorgung sicherstellen. Im EEG-„Osterpaket“ hat die Regierung höhere Ausschreibungsvolumina für erneuerbare Energien festgehalten.
Energieentlastungspaket der Regierung
Am 16. März 2022 leitete das Bundeskabinett Steuererleichterungen ein, um die Haushalte und Unternehmen zu entlasten. Die Erleichterungen belaufen sich laut Lindner auf 4,5 Mrd. Euro. Der Beschluss beinhaltet rückwirkend zum 1. Januar 2022 folgende Punkte:
- die Erhöhung der Pendlerpauschale,
- die Erhöhung des Grundfreibetrags in der Steuererklärung um 363 Euro und
- der Arbeitnehmerpauschalbetrag steigt um 200 Euro auf 1.200 Euro.
- Außerdem sind Einmalzahlungen für Empfangende von Sozialleistungen eingeschlossen (Quelle: Bundesfinanzministerium).
Am 24. März 2022 einigte sich die Ampelkoalition aus SPD, Grüne und FDP auf ein weiteres Energieentlastungspaket. Grund hierfür sind die stark gestiegenen Energiekosten, die in letzter Zeit insbesondere durch die anhaltende Ukraine-Krise beeinflusst werden.
Das beschlossene Paket beinhaltet eine Pauschale von 300 Euro für Erwerbstätige sowie Steuersenkungen bei Benzin und Diesel. Die Kraftstoffsteuer soll für drei Monate auf das EU-Mindestmaß gesenkt werden. Dadurch verbilligt sich laut Finanzminister Christian Lindner (FDP) Diesel um 14 Cent pro Liter und Benzin um 30 Cent pro Liter. Für denselben Zeitraum einigte sich die Koalition auf ein Monatsticket für den ÖPNV in Höhe von 9 Euro (Quelle: energate-messenger).
Notfallplan Gas: Frühwarnstufe wird ausgerufen
Das Bundeswirtschaftsministerium hat am 30. März 2022 die erste von drei Warnstufen für die deutsche Gasversorgung ausgerufen. Ausschlaggebend war die Ankündigung des russischen Präsidenten, Wladimir Putin, nur noch Zahlungen in Rubel und nicht mehr in Euro oder Dollar zu akzeptieren, da ansonsten ein Lieferstopp folgen könnte. Putin lenkte danach zwar ein, dass Zahlungen doch weiterhin möglich sein, die Gazprombank jedoch für den Umtausch in Rubel zuständig ist.
>> Update: Gazprom seit 4.4.22 unter Treuhandverwaltung >> Die Einschätzung von Energy Brainpool
Bundesminister für Wirtschaft und Energie Robert Habeck betont, dass es derzeit keine Versorgungsengpässe gibt, aber die Vorsichtsmaßnahmen erhöht werden müssen, um auf einen Lieferstopp gefasst zu sein (Quelle: Montel).
Deshalb wurde in der ersten Stufe (Frühwarnstufe) ein Krisenstab aus Experten zusammengestellt, die regelmäßig die Sicherheit der Gasversorgung einschätzen. Wie auch in der zweiten Warnstufe (Alarmstufe) greift der Staat nicht in den Gasmarkt ein, damit der Markt selbst reagieren kann.
Erst in der dritten Warnstufe (Notfallstufe) wird die Bundesnetzagentur zum „Bundeslastverteiler“. Das heißt, sie regelt die Verteilung von Gas und demnach, wer in Knappheit voranging Gas erhält (Quelle: Sueddeutsche). Laut Artikel 6 sind private Verbraucher, soziale Dienste wie Krankenhäuser, Heime oder Gefängnisse, Fernwärmeanlagen, Polizei und Feuerwehr besonders geschützt.
Die Bundesnetzagentur wird Kriterien festlegen anhand derer entschieden wird, in welcher Reihenfolge Industrieunternehmen vom Gasnetz genommen werden. Dabei werden höchstwahrscheinlich größere Unternehmen, die relevant für die Infrastruktur sind, voranging behandelt (Quelle: Deutschlandfunk Nova).
Ausschreibungen für Windenergie an Land leicht überzeichnet
Die Bundesnetzagentur hat die Ergebnisse der jüngsten Ausschreibungsrunde für Windenergieanlagen an Land vom 1. Februar 2022 veröffentlicht. Projekte mit einer Gesamtkapazität von 1.332 MW Kapazität erhielten einen Zuschlag. Dabei wurde das Kapazitätsvolumen schon zum zweiten Mal in Folge leicht überschritten. Abgesehen von den sechs Anlagen, die aufgrund eines Formfehlers ausschieden, erhielt der Rest der 277 Gebote einen Zuschlag. Dabei hat der Hersteller Enercon mit 93 Anlagen die meisten Zuschüsse erhalten.
Die Gebotswerte der bezuschlagten Gebote reichen von 4,77 ct/kWh bis 5,88 ct/kWh. Damit wurde auch der zulässige Höchstwert geboten. Der mengengewichtete, durchschnittliche Zuschlagswert liegt bei 5,76 ct/kWh (Quelle: Bundesnetzagentur).
Was hat das „EEG-Osterpaket“ für zukünftige Ausschreibungen zu bedeuten?
Zur Erreichung der ambitionierten Ausbauziele der erneuerbaren Energien hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) einen Referentenentwurf zur EEG-Novelle („Osterpaket“) vorgelegt. Darin enthalten sind Sofortmaßnahmen, die noch vor Ostern umgesetzt werden sollen. Neben vielen anderen Änderungen hat der Gesetzgeber unter anderem die Ausschreibungsmengen für Windenergieanlagen an Land drastisch erhöht. In Abbildung 1 sind sowohl die bereits durchgeführten Ausschreibungen dargestellt als auch die neu festgelegten Ausschreibungsvolumina. Diese sind größtenteils doppelt so hoch wie die ursprünglich geplanten Ausschreibungsvolumina (Quelle: GÖRG).
Explodierende Commodity-Preise aufgrund der Ukraine-Krise
Die Eskalation in der Ukraine hat die Preise und Volatilität auf dem Terminmarkt in die Höhe getrieben. Besonders die Sorge vor Versorgungsengpässen sorgte für hohe Gaspreise. Der Frontmonat für Gas an der TTF stieg auf ein neues Rekordhoch von 345 EUR/MWh (Quelle: Montel). Russische Gaslieferungen am Ende des Monats betrugen jedoch durchschnittlich 3741 GWh/Tag. Damit sind keine Beeinträchtigungen der Gaslieferungen nach Deutschland zu verzeichnen. Es werden jedoch niedrige Einspeicherungen im April erwartet. Die Drohungen von Putin lassen die Lage angespannt bleiben (Quelle: Montel).
Der Kohlepreis wurde durch niedrigere Speicherfüllstände und damit der Angst vor Versorgungsengpässen beflügelt. Händler versuchen gerade alles Mögliche, um Kohle zu beschaffen, die nicht aus Russland kommt, um einem möglichen Embargo vorzubeugen. Das Frontquartal im API2-Markt erreichte im März einen Rekordwert von 500 USD/t (Quelle: Montel).
Der festerer Energiekomplex, niedrigere Grünstromproduktion und kühleren Temperaturen stützten Strom-Notierungen. Das Cal 23 notierte am 08.03. auf einem Allzeithoch bei 189 Euro/MWh. Nachdem der Preis zwischenzeitlich an Wert verloren hat, steuert er derzeit wieder auf ein neuen Rekordwert zu (Quelle: energate-messenger).
Der Ukraine-Krieg sorgt auf dem EUA-Markt für tiefere Preise. Als Folge entstehen wirtschaftliche Unsicherheiten, die die Marktteilnehmer vom Handeln abhalten. Der CO2-Preis notierte bei 55 EUR/t auf dem tiefsten Niveau seit Oktober letzten Jahres (Quelle: Montel).
Trocken, viel Sonne, wenig Wind
Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland lag im März bei 43 Prozent und damit deutlich niedriger als in den Vorjahren. Das lag vor allem an der niedrigen Windeinspeisung, die bei 8 TWh lag und damit 30 Prozent weniger als letztes Jahr. Die Solareinspeisung hingegen war über den Monat ungewöhnlich hoch. Die Temperaturen lagen am Anfang des Monats ungefähr 3 Grad über dem Durchschnitt (Quelle: Energy-Charts). Das letzte Drittel war geprägt von niedrigeren Temperaturen und wenig Wind.
Auch die Kurzfristmärkte reagierten auf die Versorgungsängste mit hoher Volatilität. Der Day-Ahead am TTF erzielte ein Rekordhoch mit 190 EUR/MWh (Quelle: Montel).
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Quellenverzeichnis:
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