Die Internationale Energieagentur (IEA) veröffentlichte im November 2018 ihr jährliches Flaggschiff, den World Energy Outlook (WEO) 2018. Analysten und Politiker beobachten und nutzen die Szenarien der IEA für die zukünftige Energiewelt. Nur eines der Szenarien ist mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar: den Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts unter zwei Grad Celsius zu halten. Lesen Sie mehr über die wichtigsten Themen und Aspekte des diesjährigen WEO in diesem Blogartikel.

. Das entspricht Die Szenarien der IEA sollten nicht als Prognosen, sondern als mögliche Zukunftsperspektiven für den globalen Energiesektor betrachtet werden. Die in Paris ansässige Organisation betont, dass “keiner dieser potenziellen Wege vorherbestimmt ist; alles ist möglich. Die Maßnahmen der Regierungen werden entscheidend dafür sein, welchen Weg wir einschlagen”.

In dieser Hinsicht ähnelt die WEO den Energiemarkt- und Preisszenarien von Energy Brainpools Fundamentalmodell Power2Sim. Unsere Szenarien basieren auch auf der aktuellen Analyse von politischen Entscheidungen und Gesetzen, Preisen und Ereignissen. Einige der Annahmen der WEO 2018 werden die Grundlage für unsere Modellierung für die kommenden Monate sein. Unser “EU Energy Outlook 2050” liefert eine Analyse der europäischen Strompreise bis 2050.

Wie sehen also die globalen Energietrends nach dem WEO 2018 aus und welche Auswirkungen haben sie auf Angebot und Nachfrage, CO2-Emissionen und andere Schlüsselbereiche des Energiesystems?

Der WEO 2018 basiert auf Szenarien, die verschiedene Zukunftsperspektiven für das Energiesystem skizzieren.

Die Szenarien unterscheiden sich darin, wie ernsthaft Klimaschutzmaßnahmen umgesetzt werden.

Das Hauptszenario ist das “New Policies Scenario” (NPS). Es zeigt, wie die aktuellen und geplanten Ambitionen und Politiksysteme das Energiesystem bis 2040 verändern. In diesem Szenario wird der Energiebedarf bis 2040 um ein Viertel steigen, während die CO2-Emissionen 2040 höher sind als heute (Quelle: energypost).

Das “Sustainable Development Scenario” (SDS) hingegen bietet einen Weg, mit dem die Klimaziele umgesetzt werden, bei dem die Emissionen um 2020 mit 33 Gt ihren Höhepunkt erreichen und bis 2040 auf 18 GT sinken.

Darüber hinaus beinhaltet der diesjährige WEO auch ein “Future is Electric Scenario“. Je nnach Grad der dekarbonisierten Stromsysteme liegt dieses Szenario weltweit zwischen den beiden anderen Pfaden . Abgesehen von diesen verschiedenen Szenarien enthält der 662-seitige Bericht eine Vielzahl von regionalen Analysen, Sie zeigen ein detailliertes Bild der Energiewelt von Morgen und deren Veränderungen auf. Abbildung 1 zeigt die energiebezogenen CO2-Emissionen in den verschiedenen Szenarien (Quelle: IEA).

Energiebezogene CO2-Emissionen nach Szenario in Gt (Quelle: IEA)

Abbildung 1: Energiebezogene CO2-Emissionen nach Szenario in Gt (Quelle: IEA)

 

Vorreiterrolle Asien bei Energieverbrauch und Energieinvestitionen wird zunehmen

Die Hälfte des Wachstums des Erdgasverbrauchs, 60 Prozent des Anstiegs der Wind- und Solarenergie und mehr als 80 Prozent des Anstiegs des Ölverbrauchs werden aus Asien kommen (Quelle: Bloomberg). Dies wird sich tiefgreifend auf den globalen Energiehandel und die Handelswege der Welt auswirken, da sich Angebot und Nachfrage ändern. Internationale Handelsströme fossiler Energieträger kommen zunehmend aus dem Mittleren Osten, Russland oder den USA nach Asien. Im Jahr 2040 wird Asien 40 Prozent des Energiebedarfs der Welt ausmachen, während die EU und die USA nur 20 Prozent verbrauchen.

Dies erfordert einen weltweit vernetzten Gasmarkt (Quelle: Handelsblatt). Der Gasbedarf wird nach Angaben des NPS des WEO 2018 in den kommenden 20 Jahren um 45 Prozent steigen. Vor allem die Revolution um die Förderung von Schiefergas- und öl in den USA ist eine der wichtige Quelle für zusätzliches Gas und Öl. Tiefgekühltes und verflüssigtes Erdgas (LNG) kann weltweit über Tanker transportiert werden und verbindet Marktplätze. Dieses LNG steht davor, die Haupthandelsform von Gas zu werden und hat laut IEA im Jahr 2040 einen Marktanteil von 60 Prozent. Der größte Verbraucher wird China sein. Der Gasbedarf des Landes wird sich bis 2040 verdreifachen, auch weil kohlenstoffintensive Kohlekraftwerke abgeschalten werden sollen.

Kohle und Öl unter Druck

Mit einer Politik, die versucht, die CO2-Emissionen auf der ganzen Welt zu reduzieren, wird vor allem Kohle eine geringere Nachfrage verzeichnen. In China, das derzeit 50 Prozent der weltweit geförderten Kohle verbraucht, wird die Nachfrage bis 2040 um 15 Prozent sinken. Aufgrund eines gestiegenen Anteils erneuerbarer Energien (mehr über die Erneuerbaren im WEO 2018 weiter unten) wird der Kohleverbrauch im NPS in Europa um 65 Prozent und in den USA um 30 Prozent fallen. In vielen Ländern Südostasiens wird der Kohleeinsatz jedoch zunehmen.

Wie bereits erwähnt, sieht die IEA ein starkes Wachstum des Schieferöls in vielen Teilen der USA. Das Land wird zum wichtigsten Exporteur von neu gefördertem Öl und Gas. Ab etwa 2030 könnte die Nachfrage nach Öl jedoch stagnieren. Dies ist auf eine zunehmend elektrifizierte Flotte von 300 Millionen Personenwagen im Jahr 2040 im NPS, vor allem aber auf verbesserte der Kraftstoffeffizienz zurückzuführen. Zusammengenommen reduzieren diese Entwicklungen die Nachfrage nach Öl bis 2040 um 12 Millionen Barrel/Tag. Im NPS werden alle Elektrofahrzeuge wie Fahrräder, Roller, Elektro-Lkw und Busse voraussichtlich 1200 TWh Strom verbrauchen. Das entspricht etwa drei Prozent des weltweiten Strombedarfs im Jahr 2040. Die IEA sieht weiterhin ein stabiles Niveau für die Ölnachfrage, vor allem aufgrund des Öleinsatzes in der chemischen Industrie sowie in LKWs, Flugzeugen und Schiffen.

Im SDS gibt es bis 2040 900 Mio. Elektroautos, was mehr als die Hälfte der weltweiten Gesamtflotte ausmacht. Diese soll sich sich im Vergleich zu heute fast verdoppeln (Quelle: Resilience).

Erneuerbare Energien auf dem Vormarsch

Während die IEA nicht für ihre akkuraten Prognosen für erneuerbare Energien bekannt war, sieht der WEO 2018 ein höheres Wachstum der erneuerbaren Energien weltweit. Im NPS würden sich die erzeugte Energie aus Wind und Sonne bis 2040 versechsfachen. Zu diesem Zeitpunkt könnten kohlenstoffarme Energiequellen die Hälfte des Energiebedarfs der Welt decken. Im SDS wachsen die Erneuerbaren-Energien-Quellen Wind und Solar noch schneller als im NPS. Von 2017 bis 2040 steigen sie um den Faktor 9. Alle erneuerbaren Energien sollen in 2040 zwei Drittel des Strommixes, 25 Prozent der in der Wärmeerzeugung eingesetzten Energie und 19 Prozent der weltweiten Energie im Verkehrssektor ausmachen.

Die IEA fügte dem diesjährigen WEO auch eine neue Metrik zum Vergleich der Kosten verschiedener Stromerzeugungstechnologien hinzu. Neben dem bekannten LCOE (levelised cost of electricity) ergänzt der VALCOE (value-added LCOE) die traditionelle Kennzahl um drei Kriterien:

  1. Strompreis, den jedes Kraftwerk auf dem Markt erzielen könnte. Dies bedeutet einen Vorteil für flexible Anlagen.
  2. Die Möglichkeit jeder Kraftwerkstechnologie, im Bereich Flexibilität und die Fähigkeit, Systemdienstleistungen für das Stromnetz bereitzustellen.
  3. Der Anteil der Kapazität einer Erzeugungstechnologie, der bei Bedarf verfügbar ist.

Dennoch heißt es in dem Bericht, dass Wind und Sonne in vielen Märkten ihre “vorteilhafte Position” behalten. Zudem sind, laut Bericht, “neue PV-Anlagen gut positioniert sind, um neue Kohlekraft fast überall im Preis zu unterbieten”. So stehen die erneuerbaren Energien in den 2020er Jahren kurz davor, die Kohle im Stromsektor zu überholen.

Zusammenfassung

Abbildung 2 zeigt die Veränderungen des Primärenergiebedarfs für Industrie- und Entwicklungsländer im NPS im Zeitraum zwischen 2017 und 2040 (Quelle: IEA). Das Hauptwachstum kommt aus den Entwicklungsländern.

Veränderung des gesamten Primärenergiebedarfs in Mtoe von 2017 bis 2040 im NPS des WEO 2018 (Quelle: IEA)

Abbildung 2: Veränderung des gesamten Primärenergiebedarfs in Mtoe von 2017 bis 2040 im NPS des WEO 2018 (Quelle: IEA)

Die Kernbotschaften des IEA in 2018 lauten: viel mehr erneuerbare Energien, ein steigender Gasbedarf, Stagnation beim Öl und ein geringerer Bedarf an Kohle, sowie Investitionen in Trillionenhöhe für die Energieversorgung bis 2040. Aber: Selbst mit aktuellen und geplanten Maßnahmen wird die Welt ihren CO2-Haushalt für einen Temperaturanstieg von 2 Grad weit überschreiten.