In den ersten beiden Teilen haben wir die CO2-Minderungsziele sowie das System der CO2-Bepreisung in den Sektoren Verkehr und Wärme betrachtet. Dieser dritte und letzte Teil nimmt die sektorenbezogenen Maßnahmen unter die Lupe. Insbesondere die Förderprogramme für Privatpersonen und Unternehmen in den Sektoren Gebäude und Verkehr sind hier von Bedeutung.

Stärkere Förderung der Sanierung im Gebäudesektor

Der Gebäudesektor emittiert etwa 120 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr und ist für 14 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Bis 2030 müssen die Emissionen laut Klimaschutzplan 2050 auf 72 Mio. Tonnen reduziert werden. Stand heute wird eine Minderung auf nur etwa 90 Mio. Tonnen erwartet. Die Lücke von knapp 20 Mio. Tonnen soll durch die Maßnahmen im Klimaschutzprogramm 2030 geschlossen werden.

Grundsätzlich möchte die Bundesregierung die Sanierungsrate erhöhen und eine Erneuerung von Heizanlagen anreizen (Quelle: Bundesregierung). So soll eine einfache und technologieoffene steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierungsmaßnahmen eingeführt werden. Ab 2020 wird die Förderung selbst genutzten Eigentums eingeführt. Der Abzug von Investitionen von der Steuerlast soll gewährleisten, dass alle Einkommensklassen profitieren.

Die bestehenden investiven Förderprogramme im Gebäudebereich sollen in einem neuen Konzept, der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), gebündelt und optimiert werden. Antragsverfahren werden verschlankt und vereinfacht. Die Fördersätze für das Erreichen der unterschiedlichen Effizienzhausstufen bei Wohngebäuden um 10 Prozentpunkte erhöht.

Das Förderprogramm „Energetische Stadtsanierung“ soll aufgestockt werden, damit umfassende Energieeffizienzmaßnahmen auf Quartiersebene besser umgesetzt werden können. Neue Gebäude des Bundes müssen ab 2022 mindestens dem KfW-Effizienzhaus-40-Standard entsprechen. Bestandsgebäude sollen durch ein großes Sanierungsvorhaben im Jahr 2030 und im Jahr 2050 mindestens den KfW-55-Standard erhalten.

Foto: All Bong/Unsplash

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Austausch von Heizanlagen

Für die Erneuerung von Heizanlagen soll insbesondere die Tauschrate bei Ölheizungen angereizt werden. Eine „Austauschprämie“ mit einem Förderanteil von 40 Prozent soll im Rahmen des BEGs ermöglichen, dass fossile Heizungen auf erneuerbare Wärme oder effiziente Hybridheizungen umgestellt werden (Quelle: Montel). Außerdem soll der Einbau von Ölheizungen in Gebäuden ab dem Jahr 2026 nicht mehr erlaubt sein. Zumindest in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist.

Wohngeldbezieher werden durch eine Erhöhung des Wohngelds um 10 Prozent unterstützt, um soziale Härten zu vermeiden, während die CO2-Bepreisung durch Änderungen am Mietrecht begrenzt umlagefähig werden soll.

Viele kleine Rädchen für die Verkehrswende?

Die CO2-Emissionen im Verkehr sind seit 2005 wieder gestiegen und machen knapp 20 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen aus. Der Verkehrssektor muss seine Emissionen bis 2030 auf 95 bis 98 Mio. Tonnen CO2 mindern. Nach heutigem Stand wird bis dahin allerdings nur eine Reduktion um 13 Millionen Tonnen auf 150 Millionen Tonnen erreicht. Die verbleibende Lücke von knapp 55 Millionen Tonnen soll durch ein reiches Bündel an Förderungen und Anreizen geschlossen werden (Quelle: Bundesregierung).

Um den Verkehr klimafreundlicher zu gestalten, setzt das Klimaschutzprogramm 2030 auf die Förderung von Elektrofahrzeugen und Ladeinfrastruktur, den Ausbau von ÖPNV und Radwegen, der Verlagerung von Verkehr auf die Schiene, einer CO2-abhängigen Kfz-Steuer und höheren Kosten bei kurzen Flügen (Quelle: Electrive).

Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität

Angestrebt ist eine verstärkte Förderung des Ausbaus der Infrastruktur für Elektromobilität, sodass im Jahr 2030 insgesamt 1 Mio. Ladepunkte bestehen. Nach derzeitigem Stand erfolgt eine entsprechende Aufbauförderung von Ladesäulen bis 2025. Ein Masterplan Ladesäuleninfrastruktur soll die Bedarfe mit Automobilherstellern und der Energiewirtschaft abklären, wobei ordnungsrechtliche Maßnahmen nicht ausgeschlossen werden. Der Ausbau von privat und gewerblich gemeinsam genutzter Ladesäulen soll durch vereinfachte Regelungen ermöglicht werden. Wie dem Klimaschutzprogramm 2030 zu entnehmen ist, wird eine „Nationale Leitstelle“ Elektromobilität das Anlaufmanagement der Ladeinfrastruktur koordinieren. Die Verteilnetzbetreiber sollen Rahmenbedingungen erhalten, welche Investitionen in ein intelligentes und steuerbares Netz ermöglichen.

Foto: Petair/Fotolia

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Die Förderung des Umstiegs auf E-Fahrzeuge innerhalb der Dienstwagenregelung wird bis 2030 verlängert. Auch die Steuerbefreiung nach § 3d Kraftfahrzeugsteuergesetz für Elektrofahrzeuge soll bis Ende 2025 und spätestens bis Ende 2030 gelten. Die Kaufprämie für Elektromobile wird nach 2021 verlängert und für Fahrzeuge unter 40000 EUR angehoben. Mit diesen Maßnahmen sollen bis 2030 sieben bis zehn Mio. Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen zugelassen sein. Durch Förderung von Fertigungsstandorten der Batteriezellenproduktion soll in Deutschland Kompetenz und Technologie innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette aufgebaut werden.

Modernisierung des Schienenverkehrs

Der ÖPNV soll durch Erhöhung der Bundesmittel auf 1 Mrd. EUR pro Jahr ab 2021 verbessert werden. Die Mittel sollen ab 2025 auf 2 Mrd. EUR ansteigen und somit Investitionen in das Nahverkehrsnetz ermöglichen. Gleichzeitig plant die Regierung den Ausbau von Radschnellwegen und Radwegen an Bundesstraßen. Zehn Modellprojekte sollen mit der Einführung von 365-Euro Jahrestickets den ÖPNV attraktiver machen und stärken.

Damit der Schienenpersonenverkehr attraktiver wird, wollen Bund und die Deutsche Bahn bis 2030 etwa 86 Mrd. EUR in das Schienennetz investieren (Quelle: DVZ). Auch der Güterverkehr soll von der Modernisierung und Kapazitätsverbesserung des Schienennetzes profitieren. Die Bundesregierung will zum 1. Januar 2020 weiterhin ein Gesetz vorlegen, welches die Luftverkehrsabgabe in dem Umfang erhöht, sodass die Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden kann. Ob eine Vergünstigung von 10 Prozent einen Anreiz für die Fahrt mit der Bahn darstellt, ist allerdings nicht sicher.

Steuerliche Vorteile für emissionsärmere Antriebe

Damit der Güterverkehr CO2-ärmer wird, soll die Anschaffung von alternativen Antrieben bei LKWs gefördert werden. Das ambitionierte Ziel im Klimapaket sieht vor, dass ein Drittel aller Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr im Jahr 2030 elektrisch oder durch strombasierte Kraftstoffe getätigt wird. Ein CO2-Aufschlag bei der LKW-Maut, soll klimaschonende Antriebe fördern.

Ein Gesetz zur Reform der Kfz-Steuer soll die Höhe der Steuer stärker an den CO2-Emissionen des jeweiligen Fahrzeugs ausrichten. Hiermit soll insbesondere bei Neuwagen eine deutliche Lenkungswirkung hin zu emissionsärmeren Antrieben ausgehen. Für Neuzulassungen ab dem 1. Januar 2021 werden die CO2-Emissionen pro Kilometer Bemessungsgrundlage sein. Oberhalb von 95 g CO2/km soll die Steuer in zwei Emissionsstufen erhöht werden.

Die Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem 21ten Kilometer von 2021 bis Ende 2026 auf 35 ct/km verbessert zwar die finanzielle Lage von Pendler, konterkariert aber die durch den nationalen Emissionshandel steigenden Spritpreise (Lesen Sie hier mehr dazu: Das deutsche Klimaschutzprogramm 2030 (II): CO2-Preis und Energiesektor). Ob dadurch CO2-Einsparungen oder der Umstieg auf Züge und ÖPNV im Pendelverkehr erreicht werden, ist ungewiss.

Wie geht es weiter?

Um die im Klimaschutzprogramm 2030 genannten Maßnahmen umzusetzen, bedarf es in einigen Fällen neuer Verordnungen oder zumindest Gesetzesreformen. Das Bundeskabinett hat dem Paket am 25. September 2019 zugestimmt. Nun geht es in die Gesetzgebungsverfahren und die Umsetzung.

Einige der Gesetze müssen durch den Bundesrat gehen. Von anderen Parteien, besonders den Grünen, werden Änderung am Klimapaket gefordert. So könnte in den folgenden Verhandlungen eine Einigung mit höheren Preisen für CO2-Zertifikate oder anderen Verschärfungen möglich sein. Nach derzeitigem Stand geht die Regierung davon aus, bis zum Jahr 2023 Einnahmen in Höhe von EUR 18,5 Mrd. durch das neue CO2-Handelssystem zu erreichen (Quelle: Energate).

Es bleibt zu hoffen, dass die Große Koalition mit den vorliegenden Maßnahmen eher eine Untergrenze für den Klimaschutz und die Energiewende in den nächsten zehn Jahre gesetzt hat und sich Änderungsvorschlägen nicht von vornherein verschließt. Alles andere wäre im Angesicht der deutschen CO2-Minderungsziele bis 2030 und 2050 fahrlässig und den mit Klimawandel aufwachsenden Generationen nicht darstellbar. Ähnlich argumentieren auch sechs große Umweltverbände, die das Klimapaket in jetziger Form ablehnen (Quelle: Montel).

Erster Beitrag der Analyse:
Das deutsche Klimaschutzprogramm 2030 (I): Ziele und Maßnahmen des Klimapakets
Zweiter Beitrag der Analyse:
Das deutsche Klimaschutzprogramm 2030 (II): CO2-Preis und Energiesektor