Mit diesem Artikel führen wir die Analyseserie zu den Vermarktungserlösen von Wind und PV fort. Regelmäßig werfen wir einen Blick auf die theoretisch erzielbaren Vermarktungserlöse von Windenergieanlagen an Land und auf See sowie von Photovoltaikanlagen und analysieren die Hintergründe. Dabei hat Covid 19 einiges beeinflusst.

Wie entstehen Vermarktungswerte und Vermarktungserlöse? Dies zu verstehen, ist im Zuge des Ausbaus von fluktuierenden erneuerbaren Energien (feE) ohne EEG-Förderung sehr wichtig. Wer eine feE-Anlage frei vermarkten will, muss die erwarteten Marktpreise kennen. Überdies muss der Anlagenbetreiber die Erlöspotenziale des jeweiligen Anlagenportfolios mit dem entsprechenden Einspeiseprofil in Beziehung setzen.

Im White Paper „Bewertung von Erlösen aus fluktuierender Erzeugung“ werden die hier verwendeten Kenngrößen (Vermarktungswert, Vermarktungsmenge, Vermarktungserlös) ausführlich definiert.

Entwicklung der Vermarktungswerte im ersten Halbjahr 2020

Der Vermarktungswert gibt den mengengewichteten, durchschnittlichen Strompreis einer feE Technologie an. Dabei werden nur Zeiten berücksichtigt, in denen der Börsenstrompreis größer oder gleich null ist.

Vermarktungswerte für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV im Jahr 2020 in EUR/MWh, Energy Brainpool

Abbildung 1: Vermarktungswerte für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV im Jahr 2020 in EUR/MWh. (Quelle: Energy Brainpool, EPEX SPOT, ENTSO-E Transparency)

Die monatlichen Vermarktungswerte von Wind und PV sind geprägt von der Strompreisdelle. Diese wurde durch die wirtschaftlichen Einschränkungen und der entsprechend niedrigen Nachfrage im Zuge der CoViD-19-Pandemie ausgelöst. Im Vergleich zum vorigen Halbjahr ist der Vermarktungswert von Wind und PV um 35 bis 36 Prozent eingebrochen. Im Vergleich zum selben Halbjahr im Vorjahr 2019 sind es sogar bis zu 40 Prozent.

Die Technologien sind also alle gleich stark von dem Einbruch der Großhandelspreise an der Börse betroffen gewesen. Bis auf die Monate März und April konnte die PV stets die höchsten monatlichen Vermarktungswerte aufweisen. In den Jahren 2018 und 2019 war in der Frühlings-Übergangszeit auch bereits zu beobachten, dass PV im April die niedrigsten Vermarktungswerte im Vergleich zu Wind erzielte.

Entwicklung der Erzeugungs- und Vermarktungsmengen in H1 2020

Die Erzeugungsmengen sind die kumulierten erzeugten Einheiten Strom in GWh über den betrachteten Zeitraum. Hingegen berücksichtigen die Vermarktungsmengen nur diejenigen erzeugten Strommengen, die zu Strompreisen größer oder gleich null vermarktet werden konnten. Die Vermarktungsmengen werden als prozentualer Wert der Erzeugungsmengen angegeben.

 

Erzeugungsmengen für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV im Jahr 2020 in GWh., Vermarktungswerte, Energy Brainpool

Abbildung 2: Erzeugungsmengen für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV im Jahr 2020 in GWh (Quelle: Energy Brainpool, ENTSO-E Transparency)

Wie sieht es konkret bei PV aus?

Die Erzeugungsmengen bei PV liegen in den Wintermonaten (Januar bis März) erwartungsgemäß niedriger als im Sommer. Für die Erzeugungsmengen aus Wind verhält es sich häufig genau andersherum. Diese Saisonalität ist in Abbildung 2 deutlich zu erkennen. Blickt man genauer hin, sieht man, dass die monatliche PV-Einspeisung seit April stagnierte und nicht weiter anstieg. Im Vergleich zum vorhergehenden Halbjahr H2 2019 ist die Erzeugungsmenge PV um 29 Prozent zurückgegangen, im Vergleich zu H1 2019 sogar um knapp 45 Prozent.

Wie sieht es konkret bei Wind aus?

Die Erzeugungsmengen bei Wind onshore sind in H1 2020 im Vergleich zu H2 2019 um knapp 11 Prozent, gegenüber dem Vorjahreshalbjahr noch deutlicher um knapp 45 Prozent eingebrochen. Für Wind offshore zeigt sich in H1 2020 ein Rückgang von 26 Prozent gegenüber H2 2019 bzw. 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Wie entwickelten sich die Vermarktungsmengen?

Die Vermarktungsmengen lagen nur im Januar 2020 bei 100 Prozent, da es in dem Monat keine negativen Strompreise gab. Im Zeitraum Februar bis Juni gab es so viele Stunden mit negativen Strompreisen wie im gesamten Jahr 2019.

Der niedrigster Wert der Vermarktungsmenge für Wind Onshore in diesem Halbjahr lag bei 83 Prozent, und zwar im Februar 2020. Grund hierfür waren mehrere Sturmtiefs, die durch das Land zogen und die Börsenstrompreise drückten. Der niedrigste Wert der Vermarktungsmenge von PV trat im April mit 86 Prozent auf. Im Juni lagen die Vermarktungsmengen wieder bei rund 97 Prozent.

Im Durchschnitt lag die Vermarktungsmenge für alle drei EE-Technologien bei 92,5 Prozent. Das entspricht einem Rückgang von 5 Prozent gegenüber H2 2019 bzw. 3 Prozent gegenüber H1 2019. Am stärksten betroffen war hier PV mit einem Rückgang von 6,8 Prozent gegenüber H2 2019 bzw. 5,2 Prozent gegenüber H1 2019.

Vermarktungserlöse PV und Wind und Baseload-Preise in H1 2020

Die Vermarktungserlöse beschreiben die technologiespezifischen durchschnittlichen Erlöse der feE-Anlagen in Deutschland. Sie werden als Produkt aus Vermarktungswert und Vermarktungsmenge berechnet. Der Baseload-Preis ist der durchschnittliche Preis (ohne Mengengewichtung) der Day-Ahead-Auktionen an der EPEX Spot.

Entwicklung des Baseload-Preises sowie der Vermarktungserlöse für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV in EUR/MWh im Jahr 2020, Vermarktungserlöse, Energy Brainpool

Abbildung 3: Entwicklung des Baseload-Preises sowie der Vermarktungserlöse für Wind-Onshore, Wind-Offshore und PV in EUR/MWh im Jahr 2020 (Quelle: Energy Brainpool, ENTSO-E-Transparency, EPEX SPOT)

Abbildung 3 zeigt den Vergleich von monatlichen Vermarktungserlösen und Baseload-Preisen. In den Wintermonaten (Januar, Februar) liegen Peakload Preise (8-20 Uhr) typischerweise deutlich höher als Baseload Preisen (rund um die Uhr) im Vergleich zu den Sommermonaten. Im Winter ist die Nachfrage höher, im Sommer die PV-Einspeisung tagsüber deutlich ausgeprägter.

In den letzten Jahren hat die sommerliche PV-Einspeisung den Peakload Preis vereinzelt sogar unter den Baseloadpreis gedrückt. Mittlerweile tritt der Kannibalisierungseffekt der PV während der Mittagsstunden derart stark auf, dass sich die PV-Anlagen gegenseitig den Strompreis und damit den Vermarktungserlös kaputtmachen.

Im Winter profitiert der Vermarktungserlös der PV-Anlagen jedoch davon, dass diese Anlagen dann nur geringe Mengen im Tagesverlauf einspeisen. Abbildung 3 zeigt: während also im Januar und Februar die Vermarktungserlöse von PV-Anlagen noch höher als der Baseload Preis sind, liegen sie in den Folgemonaten stets darunter.

Die durch CoViD 19 ausgelöste Delle der Baseload Preise im Frühling 2020 führte dazu, dass der Baseload Preis im Vergleich zu H1 2019 um 39 Prozent zurückging. Auch die Vermarktungserlöse der drei EE-Technologien erlitten ebenso hohe Verluste im gesamten H1 2020 gegenüber H1 2019.

Die geringen Erzeugungsmengen von Wind und PV haben dazu beitragen, dass der Baseload Preis und die Vermarktungserlöse nicht noch weiter abgerutscht sind. Es hat sich aber gezeigt, dass es eine zunehmende Anzahl an „Extremsituationen“ im Stromnetz gibt, ausgedrückt in häufigeren negativen Strompreisen, die auch mal 22 Stunden am Stück andauern können.