Mit steigendem Verbrauch und Handel im Jahr 2018 ist LNG (Liquified Natural Gas, LNG) oder verflüssigtes Erdgas auf dem Weg, einen globalen Gasmarkt zu ermöglichen. Der größte regionale Markt dafür ist Asien, insbesondere Japan, China und Südkorea. Zunehmend strebt Europa auch eine Diversifizierung seiner Gasversorgung an. Außerdem werden LNG-Importterminals ausgebaut oder errichtet. Dieser Artikel behandelt die wichtigsten Entwicklungen und Trends in den heutigen LNG-Märkten.
Erdgas kann verflüssigt und anschließend über weite Strecken transportiert werden. Dies kann neue Märkte erschließen, in denen Pipelines nicht wirtschaftlich sind, beziehungsweise der Bau nicht möglich ist.
Auf diese Weise ermöglicht LNG, die Gasmärkte zu verbinden. Nebenbei eröffnet dies neue Beziehungen zwischen Gaslieferanten und Verbrauchern auf globaler Ebene. Dies haben wir bereits in einem anderen Artikel erläutert.
Der globale LNG-Markt
Laut World LNG Report 2018 der International Gas Union macht LNG etwa 10 Prozent der weltweiten Gasversorgung aus. Die wichtigsten LNG-Schifffahrtsrouten des Jahres 2017 sind in Abbildung 1 dargestellt.
Der große regionale asiatische Markt sticht aufgrund der hohen LNG-Ströme im Vergleich zu den europäischen oder amerikanischen Märkten deutlich heraus.
Im Jahr 2010 lag der globale LNG-Handel bei 220 Millionen Tonnen (MT), was rund 286 Milliarden Kubikmeter (Mrd. m3) entspricht. Im Rest des Artikels wird hauptsächlich MT benutzt. Der Umrechnungsfaktor zwischen MT LNG und Mrd. m3 Erdgas beträgt 1,3.
Je nach Heizwert des verflüssigten Gases variiert dieser Faktor zwischen 1,3 und 1,36. Seit 2010 ist der LNG-Handel um 100 MT gestiegen und stieg in 2018 auf 319 MT. Im Vergleich: Der globale LNG-Verbrauch im Jahr 2018 betrug etwa das 4,5-fache des gesamten deutschen Gasbedarfs.
Etwa zwei Drittel der weltweiten Exporte stammen aus Katar, Australien, Malaysia, Nigeria und Indonesien. Währenddessen wird die LNG-Produktion in den USA nach den Prognosen der EIA drastisch ansteigen. Das Land könnte in den kommenden Jahren zu einem der größten LNG-Exporteure werden (Quelle: Forbes).
Ranking der größten Importeure
Die größten Importeure sind Japan, China, Südkorea, Indien, Taiwan und Spanien. Insgesamt machen sie 70 Prozent der weltweiten Importe aus.
Seit 2017 ist das größte Nachfragewachstum in China zu verzeichnen. Das Land hat seinen LNG-Bedarf in 2017 um fast 13 MT und in 2018 um 16 MT erhöht.
Mit Gesamtimporten von 55 MT LNG im Jahr 2018 drängte China vor Südkorea und wurde nach Japan zum zweitgrößten LNG-Importmarkt (Quelle: IGU).
Die chinesische Nachfrage dürfte weiter steigen, was auf strengere Regeln für Luftreinheit in den Städten und den Plänen des Landes für niedrigere CO2-Emissionen in den Strom- und Fernwärmenetzen zurückzuführen ist.
Im Jahr 2018 stammten mehr als 50 Prozent des Anstiegs des chinesischen Gasverbrauchs vom LNG. Auch die Importe nach Indien sollen zumindest laut LNG Outlook 2019 von Shell steigen.
Abbildung 2 zeigt die Regasifizierungs-Kapazitäten der beiden Länder von 2018 bis 2022. Dabei ist mit einer Verdoppelung der Kapazität in beiden Ländern zu rechnen.
Schifffahrtsbranche als Nachfragemotor?
Ein weiterer potenzieller Bedarf an LNG kommt aus einem generell übersehenen Segment der globalen Lieferketten, der Schifffahrt.
Mit den neuen Regeln der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation muss der Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen bis 2020 von 3,5 Prozent auf 0,5 Prozent gesenkt werden. Dieser Schritt wird sich auf die Schifffahrtsindustrie entlang der gesamten Lieferkette von Schiffen und Motoren aus.
Als kostengünstige Lösungen für den Handel rund um den Globus schlagen Experten sogenannte Scrapper vor. Ihre Aufgabe ist es, Schwefel aus normalem Schwertransporttreibstoff herauszufiltern.
Weitere Ideen fokussieren sich auf LNG-betriebene Schiffe, elektrische Antriebe und sogar unterstützende Segel. Der Bericht des Imperial College „Can natural gas reduce emissions from transport?“ bietet in dieser Hinsicht eine interessante Lektüre.
Es wird prognostiziert, dass LNG als Treibstoff für die Schifffahrt bis 2030 eine zusätzliche Nachfrage von 20 bis 30 MT nach sich ziehen wird, gegenüber weniger als 1 MT in 2018 (Quelle: Reuters).
Mit rund 130 zusätzlichen LNG-Schiffen, die sich in den Auftragsbüchern großer Werften finden, könnte die globale Schifffahrt ein Grund für weitere LNG-Nachfrage sein (Quelle: Natural Gas World).
Nebenschauplatz Europa?
Wo bleibt Europa beim Anstieg der LNG-Exporte aus den USA und der steigenden Nachfrage auf den asiatischen Märkten? Wie viel LNG können die Märkte des alten Kontinents aufnehmen, wenn billige, wenn auch politisch aufgeladene, Importe über Gaspipelines aus Russland kommen?
Die Importe von LNG nach Europa erfolgen hauptsächlich über Spanien, Frankreich, Italien und Großbritannien. Sie machen 14 Prozent der Gasimporte aus Ländern außerhalb der EU aus. Im Jahr 2017 betrug die importierte Menge 55 Mrd. m3 oder 42 MT, während 2018 bereits rund 50 MT importiert wurden (Quelle: Montel).
Abbildung 3 zeigt die wichtigsten europäischen LNG-Importeure in 2017.
Größter Lieferant ist Katar mit 40 Prozent, gefolgt von Nigeria und Algerien mit 19 bzw. 17 Prozent (Quelle: EU-Kommission). Doch die Dinge ändern sich. Die europäische Gasbörse Powernext will ab Juli 2019 LNG-Verträge einführen, um dem immer wichtiger werdenden Energieträger gerecht zu werden (Quelle: Montel).
Auch andere Unternehmen sehen eine zunehmende Rolle von LNG in Europa, wie die Schweizer Axpo oder der US-amerikanische LNG-Exporteur Cheniere, die bereits am Markt tätig sind (Quelle: Montel , Montel).
Auch in Polen gibt es Umbrüche in der Energieversorgung. Da Polen eine Diversifizierung seiner Gasversorgung anstrebt, soll LNG bis 2040 37 Prozent des Gasverbrauchs ausmachen. Die Gasimporte aus Russland sinken nach 2022 auf null. Der Grund dafür ist, dass Polen seinen Liefervertrag mit Gazprom nicht fortsetzen will.
Polen will die LNG-Regasifizierungs-Anlage in Swinoujscie (Swinemünde) von 3,6 MT auf 7,5 MT erweitern. Damit kann die Anlagen dann etwa die Hälfte des inländischen Gasverbrauchs decken. Die polnische PGNiG schloss zudem drei 20-jährige Importverträge mit US-Unternehmen über insgesamt 5,45 MT/Jahr ab (Quelle: Natural Gas World).
Entwicklung in Deutschland
Obwohl die Pläne für LNG-Importterminals in Deutschland schon seit geraumer Zeit auf dem Tisch liegen, scheint sich die politische Unterstützung erst in jüngster Zeit zu verstärken (Quelle: Montel).
Wirtschaftsminister Altmaier unterstützte die Idee von zwei deutschen Regasifizierungs-Terminals, entweder in Brunsbüttel (mehr als 6 MT Kapazität), Wilhelmshaven (7,7 MT Kapazität) oder Stade (Quelle: Montel).
Vor allem die geringere Gasproduktion in den Niederlanden und der Kohleausstiegsplan könnten das politische Pendel von Europas größtem Energieverbraucher in Richtung LNG geschwungen haben.
Dementsprechend will das Ministerium die Vorschriften ändern und den Pipelineanschluss an die LNG-Regasifizierungsterminals für Fernleitungsnetzbetreiber in Deutschland verbindlich machen (Quelle: Montel).
Globale, aber auch regionale LNG-Märkte scheinen zunehmend im Mittelpunkt der Diversifikationsstrategien nationaler Regierungen zu stehen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Verfügbarkeit der LNG-Versorgung mit der höheren Nachfrage Schritt halten kann und ob die LNG-Preise entlang der komplexen Wertschöpfungskette die traditionelle Gasversorgung über die Pipeline schlagen können.