Die Energiemärkte bleiben im Mai 2022 infolge des Russland-Ukraine-Krieges in Aufruhr und die Preise auf den Kurzfrist- und Terminmärkten schwanken durch die neuen Entwicklungen. Mit dem REPower-Paket skizziert die EU einen Weg zur Unabhängigkeit von russischen fossilen Energieträgern hin zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energieträger. Die Ergebnisse der Ausschreibungen für Solaranlagen des zweiten Segments und der Innovationsausschreibung wurden bekannt gegeben.

Was passierte innerhalb der EU?

Aufgrund des anhaltenden Krieges zwischen Russland und der Ukraine bleibt die energiepolitische Lage in der EU nach wie vor angespannt. Nach langer Diskussion hat sich die Europäische Kommission in einem sechsten Sanktionspaket darauf geeinigt, den Einlieferstopp von russischem Rohöl voranzutreiben. Dies gilt jedoch zunächst für Lieferungen per Schiff. Das heißt, dass der Transport per Pipeline weiterhin zulässig ist. Insgesamt sind damit 90 Prozent der Erdölimporte von Russland in die EU davon betroffen.

Besonders Ungarn hatte sich gegen ein völliges Embargo quergestellt und machte auf den fehlenden Meerzugang des Landes aufmerksam (Quelle: energate-messenger). Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte das nur teilweise angeordnete Ölembargo. Darüber hinaus verwies er darauf, dass Deutschland nach Ende des Jahres ganz auf russische Öllieferungen verzichten möchte (Quelle: energate-messenger).

Folgt nach dem Ölembargo ein Gasembargo?

Nachdem Polen, Bulgarien und Finnland das zweistufige Zahlungsverfahren für Gas abgelehnt hatten, schließen sich nun die Niederlande und Dänemark den Staaten an. Infolgedessen kappte Gazprom die Gaslieferung an diese Länder. Allerdings machte der Bundeskanzler Olaf Scholz neben anderen EU-Staaten deutlich, dass ein Gasembargo derzeit nicht zur Diskussion steht.

Der Stopp von russischen Gaslieferungen hätte auch in Deutschland besonders gravierende Folgen für energieintensive Industrieunternehmen (Quelle: energate-messenger). Die gelbe Linie in Abbildung 1 verdeutlicht den relativ konstanten Import von Erdgas aus Russland über die Pipeline Nord Stream 1.

Nur kurz nach dem Kriegsbeginn sind die Lieferungen etwas zurückgegangen, bis sie wieder auf dem Vorkriegsniveau lagen. Weiterhin hat die EU-Kommission betont, dass nur kleinere Eingriffe in den Gasmarkt erfolgen werden, um Marktverzerrungen zu verhindern. Spanien hat bereits eine Preisobergrenze von 40 Euro/MWh für Gas beschlossen und notfalls werden anderen Staaten mitziehen (Quelle: energate-messenger).

stündliche physische Gasflüsse von Oktober 2021 bis Mai 2022 (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 1: stündliche physische Gasflüsse von Oktober 2021 bis Mai 2022 (Quelle: Energy Brainpool)

Repower-EU-Paket: Wie sich die EU von Russland unabhängig machen möchte

Die Europäische Kommission hat am 18.05.2022 das Maßnahmenpaket „REPower EU“ vorgestellt. Damit soll die EU zum einen die Abhängigkeit von russischen Energieimporten reduzieren und zum anderen soll die Energiewende gestützt werden. Für dieses Vorhaben sind 300 Mrd. Euro geplant. Der Corona-Wiederaufbaufonds bietet sich zur Finanzierung an, und 20 Mrd. Euro sollen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten kommen. Die vorgestellten Maßnahmen müssen vor ihrer Umsetzung im EU-Parlament verhandelt werden (Quelle: energate-messenger).

Eine der Maßnahmen ist es, das Energieeffizienz-Ziel bis 2030 zu erhöhen. Es sind Anreize geplant, um sowohl im Haushalts- als auch im Industriesektor Energie einzusparen. Die Energieeffizienz im Gebäudesektor soll steigen und Tempolimits im Verkehrssektor sollen zur Reduzierung beitragen. Insgesamt soll die Energieeffizienz 2030 im Vergleich zu 2020 von 9 auf 13 Prozent angehoben werden.

Zusätzlich soll das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch der EU bis 2030 um 5 Prozent auf 45 Prozent erhöht werden. Hierfür ist es geplant, die Ausbaupfade der erneuerbaren Energieträger zu beschleunigen. Zudem sind Einkäufe von Flüssiggas, Pipelinegas und Wasserstoff aus anderen Staaten geplant (Quelle: RGC-Manager). Neben dem Import von 10 Mio. Tonnen grünen Wasserstoff hat sich die EU-Kommission das Ziel für 2030 gesetzt, innerhalb der EU dieselbe Menge zu produzieren.

Deutlich unterzeichnete PV-Ausschreibungen für Freiflächen- und Dachanlagen

Anfang April 2022 haben Ausschreibungen für Solaranlagen des zweiten Segments stattgefunden. Demnach konnten Freiflächenanlagen und Solaranlagen auf baulichen Anlagen teilnehmen, die eine installierte Leistung von mindestens 301 bis maximal 750 kWp haben. Das Gebotsvolumen darf 100 kW nicht unterschreiten (Quelle: Bundesnetzagentur). Es sind 171 Gebote mit einem Volumen von 212 MW eingegangen. Mit einer ausgeschriebenen Menge von 767 MW war diese Ausschreibungsrunde deutlich unterzeichnet. Das liegt daran, dass die BNetzA im vergangenen Dezember die ausgeschriebene Menge deutlich von ursprünglich geplanten 150 MW angehoben hatte. Der durchschnittliche Zuschlagspreis ist um 11 Euro gestiegen auf 85,30 EUR/MWh (Quelle: Bundesnetzagentur).

Abbildung 2 zeigt die Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge und der Zuschlagsmenge der vergangenen Ausschreibungen für Solaranlagen des zweiten Segments.

Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge und der Zuschlagsmenge für Solaranlagen des zweiten Segments von Juni 2021 bis April 22 (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 2: Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge und der Zuschlagsmenge für Solaranlagen des zweiten Segments von Juni 2021 bis April 22 (Quelle: Energy Brainpool)

 

Überzeichnete Innovationsausschreibungen

Die Innovationsausschreibungen waren hingegen leicht überzeichnet. Es war ein Gesamtvolumen von knapp 400 MW ausgeschrieben und 435 MW wurden geboten. Sieben Gebote wurden wegen Formfehlern ausgeschlossen. An der Ausschreibung können ausschließlich Anlagenkombinationen teilnehmen, dass heißt Erneuerbare-Energie-Anlagen mit mindestens zwei unterschiedlichen Erzeugungstechnologien.

Wie in den vergangenen Runden wurden ausschließlich Gebote für Solar-Speicher-Kombination eingereicht. Zum ersten Mal konnten waren Gebote für besondere Anlagen möglich. Besondere Anlagen ermöglichen eine Doppelnutzung von Flächen wie Gewässer, landwirtschaftliche Nutzung und Parkplätzen. Diese werden im Zuschlagsverfahren priorisiert. In Abbildung 3 wird die Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge und der Zuschlagsmenge der vergangenen Innovationsausschreibungen dargestellt.

Der durchschnittliche mengengewichtete Zuschlagswert lag bei dieser Ausschreibungsrunde mit 5,42 ct/kWh höher als letztes Mal mit 4,55 ct/kWh. Die Gebotswerte, die einen Zuschlag erhalten habe, bewegen sich zwischen 3,95 und 7,43 ct/kWh.

Es werden jährlich zwei Gebotsrunden durchgeführt. Die nächste Runde findet zum 1. August 2022 statt (Quelle: Bundesnetzagentur).

Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge und der Zuschlagsmenge für Innovationsanlagen von September 2020 bis April 22 (Quelle: Energy Brainpool)

Abbildung 3: Entwicklung der Ausschreibungsmenge, der eingereichten Menge und der Zuschlagsmenge für Innovationsanlagen von September 2020 bis April 22 (Quelle: Energy Brainpool)

Anhaltende starke Preisbewegungen auf den Terminmärkten

Das seit längeren anhaltend hohe Preisniveau bleibt weiterhin bestehen. Über den Monat sind starke Preisausschläge zu beobachten. Zum Ende des Monats erholten sich die Gas- und Strommärkte sowie der CO2-Markt.

Der Beschluss der europäischen Staatschefs eines Teilembargos gegen Russland lässt den Ölpreis steigen. Die Schwankungen des Gaspreises sind auch auf Neuigkeiten des Russland-Ukraine-Konflikts zurückzuführen. Über den Monat betrachtet zeigt der Gaspreis eher eine Seitwärtsbewegung (Quelle: Montel).

Das Stromfrontjahr erreichte im Mai zwei Allzeithochs. Aufgrund steigender CO2-, Kohle- und Gaspreise knackte der Cal 23 die Marke von 240 EUR/MWh. Zuvor wurden am 19.05.2022 236 EUR/MWh erzielt (Quelle: energate-messenger). Zwischendurch ist das Frontjahr mit dem CO2-Preis gefallen. Dieser ist gesunken, da die EU-Kommission plant, 250 Mio. EUA aus der Marktstabilitätsreserve zu verkaufen, um das Energieembargo gegen Russland zu finanzieren. Der EUA-Kontrakt fiel bis auf 80,16 EUR/t CO2 (Quelle: Montel).

Die prozentuale Preisentwicklung der Commodities ist in Abbildung 4 zu sehen.

prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (gelbe Linie), des Frontjahrs Kohle (rote Linie) und des Frontjahrs der Ölsorte Brent (grüne Linie) von Anfang April bis Anfang Juni (Quelle: Montel)

Abbildung 4: prozentuale Preisentwicklung des deutschen Stromfrontjahres (candle sticks), der CO2-Zertifikate mit Lieferung Dezember 2022 (orangenfarbene Linie), des Frontjahres Gas am TTF (gelbe Linie), des Frontjahrs Kohle (rote Linie) und des Frontjahrs der Ölsorte Brent (grüne Linie) von Anfang April bis Anfang Juni (Quelle: Montel)

Schwankende Windeinspeisung und anhaltender Konflikt beeinflussen Kurzfristmärkte

Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung lag im Juni mit 53,6 Prozent auf einem ähnlich hohen Niveau wie im Vormonat, aber um 4 Prozent unter dem Wert im Vorjahr. Die Nettostromerzeugungsmenge von den erneuerbaren Energieträgern betrug im Juli knapp 20,8 TWh, was auch knapp unter dem Vorjahreswert liegt. Vor allem die schwankende Winderzeugung hatte einen großen Einfluss auf die Spotmärkte.

Day-Ahead Gas an der EEX fiel im Mai aufgrund hoher Gasspeicherfüllstände und hohen LNG-Importen auf 78,99 EUR/MWh. Und damit auf den tiefsten Stand seit drei Monaten. Zu Beginn des Russland-Ukraine-Krieges hat sich der Gaspreis verteuert und betrug bis zu 233 EUR/MWh. Aufgrund weiterer Zahlungskonflikte zwischen der dänischen Orsted und der niederländischen GasTerra und der Gazprom sind die Day-Ahead Preise wieder angestiegen (Quelle: energate-messenger).

In Abbildung 5 sind die Stromerzeugung und der Verbrauch im Mai 2022 dargestellt.

Stromerzeugung und Verbrauch im Mai 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts)

Abbildung 5: Stromerzeugung und Verbrauch im Mai 2022 in Deutschland (Quelle: Energy-Charts, 2022)

Was passierte im April 2022 auf dem Energiemarkt? Hier geht es zum vorherigen Blogbeitrag.

Quellenverzeichnis:

1 Energy Brainpool

2 Energy Brainpool

3 Energy Brainpool

4 https://www.montelnews.com/

5 https://energy-charts.info/charts/power/chart.htm?l=de&c=DE&stacking=stacked_absolute_area&interval=month&year=2022&month=05&download-format=image%2Fjpeg