Wie kommt es, dass der Anteil der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen im Vergleich zu Verbrennern so gering ist? Das Wort „Reichweitenangst“ macht noch immer die Runde. Und auch Benutzerunfreundlichkeit im Dschungel aus Ladekarten und Tarifen wird immer wieder beklagt. Doch ist die Sorge des Nicht-Ankommens gerechtfertigt? Und welche Lösungen gibt es, um das Handling beim Ladevorgang zu vereinfachen? Dies alles im zweiten Teil unsere Serie zur E-Mobilität.

Ist die Angst um die Reichweite mit einem Elektroauto begründet? E.ON hat jüngst dazu eine Umfrage erstellt. Um herauszufinden, ob die Sorgen stichhaltig sind, gehen wir zunächst näher auf die Lademöglichkeiten und den Stand des Ladenetzes heute ein. Wie weit ist der Status quo noch entfernt von dem Bedarf, der sich aus einem Markthochlauf ergeben würde?

Die Datenlage zu Ladestationen und Ladepunkten für Elektromobilität lässt immer noch zu wünschen übrig. Oft wird nicht unterschieden zwischen einer Ladestation, welche natürlich mehrere Ladepunkte haben kann, und einem Ladepunkt. Darüber hinaus sind Ladeeinrichtungen nicht eins zu eins vergleichbar: Manche sind öffentlich, andere teil-öffentlich und wiederum andere nur rein privat nutzbar.

Bei der Bundesnetzagentur müssen Betreiber von öffentlich zugänglichen Normal- und Schnellladepunkten diese anzeigen laut Ladesäulenverordnung (LSV). Eine Übersicht findet sich auf der Ladesäulenkarte der BNetzA (Quelle: BNetzA). Der BDEW bietet ebenfalls ein Ladesäulenregister an. Es enthält die in Deutschland vorhandenen öffentlichen und teilöffentlichen Ladepunkte, die ebenfalls als Karte darstellbar sind (Quelle: BDEW).

Zu Ende Juli 2018 sind beim BDEW 13.500 öffentliche und 6.700 teilöffentliche Ladepunkte erfasst: Demgegenüber beträgt die Anzahl der öffentlich erfassten Ladeeinrichtungen bei der der BNetzA 5.400. Der Hintergrund für die große Differenz: Öffentliche Ladesäulen sind innerhalb der beiden Register unterschiedlich definiert.

Darüber hinaus müssen Normalladepunkte unter 22 kW, die vor Inkrafttreten der LSV installiert wurden, nicht mehr bei der BNetzA angezeigt werden. Weitere Anbieter von Ladeäulenregister auch im europäischen Umfeld sind etwa GoingElectric, LEMnet oder e-stations.

Abbildung 1 zeigt die Anzahl von Ladeeinrichtung je Bundesland nach der Ladesäulenkarte der BNetzA an. Normalladeeinrichtungen haben eine Ladeleistung von bis zu 22 kW. Alles, was darüber hinaus geht, bezeichnen Fachleute als Schnellladeeinrichtung.

 Anzahl von Ladeeinrichtungen nach Bundesländern (Quelle: BNetzA, Stand September 2018)

Abbildung 1: Anzahl von Ladeeinrichtungen nach Bundesländern (Quelle: BNetzA, Stand September 2018)

Deutlich über dem Durchschnitt ausgestattet sind  die südlichen Bundesländer und Nordrhein-Westfalen. Die Ladesäulendichte ist außerdem sehr hoch in den Stadtstaaten, in den ostdeutschen Bundesländern hingegen sehr gering. Laut Koalitionsvertrag sollen bis 2020 mindestens 100.000 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zur Verfügung stehen. Schnellladepunkte sollen davon sogar ein Drittel ausmachen.

Auch das Bundesprogramm Ladeinfrastruktur soll helfen, etwa 15.000 neue Ladesäulen in ganz Deutschland zu errichten. Der Gesetzgeber fördert dies mit insgesamt 300 Millionen Euro.

Teilweise gibt es auch Hinweise darauf, dass die derzeit installierten Ladepunkte nicht ausgelastet sind und somit kein Mangel besteht. So halten E.on, die Forschungsorganisation Transport&Environment als auch der BDEW, die derzeitige Ladeinfrastruktur für ausreichend. Auf eine öffentliche Ladestation kämen laut E.on gerade einmal 4.5 Autos.

Allerdings sagt der Durchschnitt relativ wenig über die regionale Verteilung der Ladesäulen aus (vergleiche Abbildung 1). Überspitzt gesagt: Falls etwa ein Elektromobilist aus München nach Thüringen fahren möchte, aber schon in Nordbayern keine Ladesäulen mehr findet, so kann von einer ausgewogenen Ladeinfrastruktur nicht die Rede sein.

Tarifdschungel beim Laden

Die oft beklagte chaotische Tarifstruktur für das Laden von E-Autos macht die Nutzung von Ladesäulen nicht gerade nutzerfreundlicher. Die Ladesäulenbetreiber konkurrieren mit verschiedenen Abrechnungsdienstleistern um die bisher wenigen E-Mobilisten. Um ein E-Fahrzeug überall in Deutschland laden zu können, bedarf es mehrerer Ladekarten und Zugangsdaten. Die Kosten für das Laden unterscheiden sich ebenfalls stark je nachdem, bei welchem Betreiber der Nutzer des Elektroautos lädt.

Der Ökostromanbieter Lichtblick hat hierzu eine interessante Analyse veröffentlicht. Hauptanklagepunkte: teure und undurchsichtige Tarife, ein „chaotischer Flickenteppich“ bei der Ladeinfrastruktur und „ein babylonisches Wirrwarr an Karten, Apps und Bezahlsystemen“. Abbildung 2 zeigt die Kosten für das Laden von einer kWh über eine öffentliche Ladesäule mit 11 kW ohne Vertragsbindung bei einer Auswahl von Anbietern (nach: Lichtblick).

unterschiedliche Kosten für Ladevorgänge (Quelle: nach Lichtblick)

Abbildung 2: unterschiedliche Kosten für Ladevorgänge (Quelle: nach Lichtblick)

Es ist alles mit dabei, von 0 Ct/kWh bis zu über 50 Ct/kWh. Wobei ein Großteil der Anbieter für Ladevorgänge mehr abrechnet, als für den durchschnittlichen Preis einer kWh für einen Haushalt. Ein kleines und verallgemeinerndes Rechenbeispiel verdeutlicht die Kosten für Verbrenner und Elektroauto im Betrieb auf 100 Kilometern.

Die eher konservative Annahme aus dem vorherigen Teil der Serie von 25 kWh pro 100 km für ein E-Auto, werden einem Verbrauch von 6 Liter pro 100 km eines Verbrenners gegenüber entgegen gestellt. Weiterhin wird angenommen, dass die Kosten für das Laden mit dem durchschnittlichen Haushaltstarif und der Preis eines Liters Kraftstoff bei 1,50 EUR liegt. Daraus folgt: Die Kosten für einen Ladevorgang eines E-Autos für eine Fahrt von 100 Kilometer liegen bei 7,35 EUR, für einen Verbrenner bei 9 EUR.

Ein weiteres Problemfeld im Bereich der Ladeinfrastruktur ist das kWh-genaue Laden. Nur eine kleine Gruppe von Anbietern hat eichrechtskonforme Ladesäulen, die von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zertifiziert sind und somit kWh-genau abrechnen können und dürfen. Viele andere Anbieter rechnen etwa Ladevorgänge nach Zeitraum oder komplett pauschal ab.

Etwa ein Dutzend Anbieter bewertet die PTB gerade, inwieweit diese konform sind. (Quelle: Bizz Energy). Solange es hier unterschiedliche Abrechnungsvorgänge und -modalitäten gibt, bleibt der Ladevorgang für Kunden undurchsichtig.

Was häufig nicht beachtet wird: Die Energiewirtschaft hört regulatorisch derzeit nach der Ladesäule auf. Ein Messpunkt hat weiterhin per Definition einen festen Standort. Der Letztverbraucher des Stroms ist also die Ladeeinrichtung und nicht das Elektrofahrzeug. Seitens der Ladesäulenbetreiber ist es also „reiner“ Service für Kunden, wenn diese nach kWh abgerechnet werden.

Fazit

Um eine nahtlose Ladeinfrastruktur in Deutschland zu gewährleisten, gibt es noch Aufholbedarf, wie sich die Ladestationen geografisch verteilen. Allerdings ist der Ausbau der Ladestationen im Gang und die Politik fördert dies. Die Lage bei den Ladetarifen ist immer noch undurchsichtig und oftmals nicht kundenfreundlich gestaltet. Allerdings scheint die Standardisierung für kWh-genaue Abrechnung Fortschritte zu machen und macht es den Nutzern leichter, Ladesäulenanbieter zu vergleichen.

Im nächsten Teil der Serie zu E-Mobilität werden wir genauer auf die Geschäftsmodelle und die verschiedenen energiewirtschaftlichen Akteure im Bereich der E-Mobilität eingehen.