Die Wertschöpfungskette in der Energiewirtschaft ist nicht mehr traditionell linear, sondern zunehmend zirkular. Diese Entwicklung und neue Geschäftsmodelle „behind-the-meter“, also hinter dem Zählpunkt, treiben Ideen zur Digitalisierung und der Anwendung von Blockchain voran.

Welche Use Cases der Blockchain genau angedacht sind und was heute schon erprobt wird, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Die klassische traditionelle Wertschöpfungskette in der Energiewirtschaft verlief linear entsprechend des Stromflusses: von der Erzeugung, über den Transport, die Verteilung und den Vertrieb zum Endkunden. Abbildung 1 zeigt die traditionelle Wertschöpfungskette. Dabei regeln die Netzbetreiber die physikalischen Stromflüsse. Das Netz stellt dabei ein natürliches Monopol dar.

Klassische Wertschöpfungskette in der Energiewirtschaft (Strom). Quelle: Energy Brainpool

Abbildung 1: Klassische Wertschöpfungskette in der Energiewirtschaft (Strom). Quelle: Energy Brainpool

Der Energiemarkt hat sich insbesondere durch die Dezentralisierung der Erzeugung von fluktuierenden erneuerbaren Energien stark geändert. Um nur ein paar der neuen Geschäftsfelder in den klassischen Bereichen zu nennen: Energiespeicher und Flexibilität in der Erzeugung, Netzengpassbewirtschaftung im Übertragungsnetz, dezentrale Einspeisung und Rückspeisung sowie Einspeisemanagement in den Verteilnetzen, als auch Energiedienstleistungen und Demand-Side-Management im Vertrieb. Auch der Stromhandel als bilanzieller „Trick“, um Erzeugung und Vertrieb im liberalisierten Strommarkt deckungsgleich zu bekommen, gestaltete sich viel kurzfristiger. Neue Geschäftsfelder, wie die Direktvermarktung der erneuerbaren Energien, nahmen stark zu.

Besonders durch die zunehmende Digitalisierung von Prozessen kann auch der Automatisierungsgrad gesteigert werden. Eine Automatisierung kann den Umgang mit der gestiegenen Komplexität erleichtern: ob es nun um die Erstellung von Abrechnungen oder den Kurzfristhandel im Intraday-Markt mit mehr als 100 verschiedenen Produkten für einen Tag geht.

Im Energiemarkt, vor allem im Strommarkt, wird zukünftig verstärkt eine eher zirkulare Wertschöpfungskette denn eine traditionelle lineare vorherrschen. Der Strommarkt erhält durch die Elektrifizierung anderer Sektoren (Sektorkopplung) womöglich auch größere Relevanz. Dies ist, zusammen mit einer Auswahl an Prozessen, neuen Entwicklungen und Produkten in Abbildung 2 dargestellt. Außerdem zeigt die Abbildung auch Blockchain-Anwendungen in der Energiewirtschaft.  Das Entscheidende ist, dass die klassische lineare Wertschöpfungskette jetzt durch die Prosumer, also die Stromerzeugung direkt vor-Ort bei dem Kunden, geschlossen wird. Damit ist sie zirkular geworden.

Prozesse, Entwicklungen und Blockchain-Anwendungen in der Energiewirtschaft. Quelle: Energy Brainpool

Abbildung 2: Prozesse, Entwicklungen und Blockchain-Anwendungen in der Energiewirtschaft. Quelle: Energy Brainpool

Als physikalische Grundlage für die Stromübertragung ist immer das Netz zuständig, als Herz des Ganzen. Im zweiten inneren Kreis verläuft die Wertschöpfungskette mit den Bereichen Erzeugung, Trading, Vertrieb und auch Verbrauch. Er kennzeichnet, insbesondere durch seine Verknüpfung zur Produktion, die neue Stromwelt mit Prosumern (Haushalte, Gewerbe und Industrie).

Ohne im Detail auf alle Prozesse und Entwicklungen in Abbildung 2  einzugehen, fällt klar auf, dass sich die meisten Blockchain-Anwendungen im linken Quadranten ansiedeln – also im Bereich „behind-the-meter“.

Auch für das traditionelle und klassische Geschäft der Energiewirtschaft gibt es Blockchain-Lösungen. Etwa im Handelsbereich die Enerchain von Ponton oder die InterBit-Blockchain von BTL, welche für OTC (Over the counter)-Handelsgeschäfte ohne Vermittler stehen.

Dort, wo die Versorger wenige Erfahrungen haben bzw. keine Energiemarktregulierung vorherrscht, gibt es Start-ups und innovative Projekte. Sie beschäftigen sich mit Blockchain-Anwendungen in Verbindung mit Trendthemen wie Internet-of-Things, Künstliche Intelligenz oder Sharing Economy. Dazu zählen auch der Aufbau von Peer-to-peer Handelsplätzen in verschiedenen Ländern durch Conjoule (DE), Powerpeers (NL) und Power Ledger (AUS). Einen großen Effekt haben Blockchain-Anwendungen bisher in neuen Zukunftsfeldern, weniger im klassischen Bereich der Energieversorger.

Wo kann die Blockchain also die Energiewelt aufbrechen?

Die Blockchain als neue Technologie kann Bahnbrechendes in Bereichen ändern, in denen noch vieles neu ist und wenig bis keine Regulierung herrscht. Sie wird auch im gesamten Prosumer-Bereich eine große Rolle spielen. Die innovative Technologie hat auch das Potential in zukunftsweisenden Gebieten, in denen die Digitalisierung schon angekommen ist und durch Automatisierung eine noch effizientere Prozessabwicklung erlaubt. Während vor einem Jahr ein großer Hype um die Blockchain herrschte, zeigen sich jetzt reelle Anwendungsbeispiele und konkrete Projekte, die diese neue Technologie praktisch anwenden.

Mehr hierzu auch in unseren Seminaren Blockchain in der Energiewirtschaft am 24. Oktober 2017 oder am 23. November 2017 in Berlin oder als individueller Inhouse-Workshop.