Der Bundesgerichtshof bestätigt geringere Renditen für Netzbetreiber. Während Verbände und Politik die verschiedenen Möglichkeiten für eine CO2-Bepreisung diskutieren, waren die erneuerbaren Energien im ersten Halbjahr 2019 auf Rekordkurs. Starke Entwicklung nach oben gab es im Juli 2019 ebenfalls auf der Preisseite.

 Nach BGH-Urteil: Netzrendite wird sinken

Verbraucherschützer jubeln, Netzbetreiber sind enttäuscht. Die Rede ist von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), die Kürzung der Eigenkapitalzinssätze für Strom- und Gasnetzbetreiber durch die Bundesnetzagentur (BNetzA) zu bestätigen (Quelle: PV Magazine).

Damit werden die im Oktober 2016 von der BNetzA beschlossenen Senkungen für die Zinssätze für Investitionen zur Tatsache. Seit Jahren anhaltend niedrige Zinssätze auf den internationalen und nationalen Finanzmärkten begründeten diese Entscheidung. Die gesenkten Eigenkapitalzinssätze sollen für die fünfjährige dritte Regulierungsperiode Gas und Strom ab 2018 und 2019 gelten.

Die Zinssätze sollen bei Investitionen in Neuanlagen von 9,05 Prozent auf 6,91 Prozent und in Altanlagen von 7,14 Prozent auf 5,12 Prozent fallen. Die Senkungen sollen die Stromkunden bei den Netzentgelten von 2019 bis 2023 um etwa 2 Mrd. EUR entlasten.

Teile der Branche haben die sinkende Vergütung für Netzbetreiber von Anfang an kritisiert und dagegen Klage eingereicht. Insbesondere vor dem Hintergrund des erhöhten Investitionsbedarfs durch die Energiewende müssen Infrastrukturinvestitionen rentabel bleiben. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im März 2018 auch eine Erhöhung der Zinssätze gefordert (Quelle: E&M).

So ist das Urteil des BGHs etwa für den BDEW „nicht nachvollziehbar“, da die jetzigen Zinssätze mit zu den niedrigsten in ganz Europa zählen (Quelle: BDEW). Andere Marktteilnehmen haben das Urteil allerdings mit Freude aufgenommen, so Vorstand der Verbraucherzentrale Müller: „Im Monopolbereich Stromnetz kann es nicht sein, dass traumhafte Renditen für die Netzbetreiber gezahlt werden“ (Quelle: PV Magazine).

Erneuerbare Rekorde in der Halbjahresbilanz

Die Halbjahresbilanz im Stromsektor kann sich sehen lassen. So war die Windenergie Deutschlands stärkste Stromquelle während der ersten sechs Monate in 2019. Sie generierte 67,2 TWh noch vor der Braunkohle mit 53 TWh. Zusammen mit der Solarenergie, welche im ersten Halbjahr 2019 knapp über 25 TWh Strom produzierte, lagen die beiden erneuerbaren Energien mit einer Erzeugung von 92,2 TWh knapp 13 TWh über der Stromproduktion aus Braun- und Steinkohlekraftwerken (Quelle: Fraunhofer ISE). Abbildung 1 stellt die Nettostromerzeugung der verschiedenen Energieträger im ersten Halbjahr 2019 in Deutschland dar.

Stromerzeugung der verschiedenen Energieträger im ersten Halbjahr 2019 in Deutschland in TWh

Abbildung 1: Stromerzeugung der verschiedenen Energieträger im ersten Halbjahr 2019 in Deutschland in TWh (Quelle: Energy Brainpool)

In der Summe kamen die erneuerbaren Energieträger auf einen Anteil von 47 Prozent an der Nettostromerzeugung, während ihr Anteil am Bruttostromverbrauch (einschließlich Eigenerzeugung und interne Kraftwerksverluste und abzüglich des Exportsaldos) bei 44 Prozent lag (Quelle: PV Magazine).

Einher mit dem starken Anstieg der erneuerbaren Erzeugung ging ein Rückgang der Stromproduktion aus Kohle. Die höheren CO2-Zertifikatspreise und geringe Gaspreise in 2019 haben ebenfalls die Erzeugung auf Gaskraftwerke verlagert. Darüber hinaus ging der Exportüberschuss um mehr als 11 Prozent auf 20 TWh zurück (Quelle: Fraunhofer ISE). Abbildung 2 verdeutlicht die prozentuale Veränderung im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 der Erzeugung aus den verschiedenen Energieträgern.

relative Änderung der Stromerzeugung im Halbjahresvergleich 2019 zu 2018 in Deutschland

Abbildung 2: relative Änderung der Stromerzeugung im Halbjahresvergleich 2019 zu 2018 in Deutschland (Quelle: Energy Brainpool)

Der Einbruch der Stein- und Braunkohleverstromung wirkte sich ebenfalls auf die deutschen CO2-Emissionen im ersten Halbjahr 2019 aus. So gingen die Emissionen der Stromerzeugung um 15 Prozent von 136 auf 116 Millionen Tonnen zurück. Ein weiterer Grund hierfür war auch der milde Winter im Februar und März, als die Temperaturen jeweils um 3,5 und 6,6 Grad über der Norm lagen (Quelle: Montel).

Diskussion um CO2-Bepreisung in heißer Phase

Am 20. September 2019 will die Bundesregierung ein umfassendes Paket für den Klimaschutz vorlegen. Unter anderen soll darin auch geregelt sein, wie und in welcher Höhe CO2-Emissionen außerhalb des europäischen Emissionshandelssystems (ETS) bepreist werden sollen.

Das Bundesumweltministerium hat dazu Anfang Juli verschiedene Gutachten (DIW, IMK, FÖS) veröffentlicht, um zu ermitteln, wie sich eine CO2-Bepreisung in den Sektoren Wärme und Verkehr auf den CO2-Austoß auswirkt. Außerdem prüften die Fachleute die verschiedenen Mechanismen auf ihre soziale Verträglichkeit.

Auch der „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ fertigte im Auftrag der Bundesregierung ein Gutachten an, welches Reformoptionen für die Klimapolitik Deutschlands darstellt (Quelle: Sachverständigenrat Wirtschaft). Laut des Gutachtens sollte die vorherrschende kleinteilige Klimapolitik neu ausgerichtet und ein CO2-Preis als zentrales Instrument eingerichtet werden.

Konsens scheint auch auch innerhalb der Bundesregierung zu herrschen, dass es einen CO2-Preis geben wird (Quelle: PV Magazine). Beim Treffen des Klimakabinetts am 18. Juli 2019 diskutierten die Teilnehmer dementsprechend auch die vorliegenden Optionen für eine neue Klimapolitik. Entschieden wurde allerdings nichts und die beteiligten Ministerien für Umwelt, Bau, Landwirtschaft, Verkehr, Wirtschaft und Finanzen haben bis zum 20. September 2019 einiges an Arbeit vor sich (Quelle: PV Magazine).

CO2 lässt Preise steigen

Mit CO2-Zertifikatspreisen auf einem 11-Jahreshoch und knapp unter der psychologisch wichtigen Grenze von 30 EUR/Tonne hat auch das deutsche Frontjahr Strom auf 52 EUR/MWh zugelegt. Ein geringes Auktionsvolumen am Markt für CO2-Zertifikate Anfang Juli ließ die Preise von 26 EUR/Tonne auf knapp unter 30 EUR/Tonne steigen (Quelle: Montel). Im Juli 2019 haben sich auch die Kohle- und Gaspreise von ihren Jahres- und Monatstiefs erholt und das Jahresband Strom 2020 angetrieben (Quelle: Montel).

Abbildung 3 stellt die Preisveränderung für das Frontjahr Strom 2020 Base, die Emissionszertifikate, sowie Kohle- und Gaspreise im Juni und Juli 2019 dar. Ab Mitte Juli stagnieren die Preise auf hohem Niveau oder ließen etwas nach.

relative Preisentwicklung des Stromfrontjahres Base Deutschland (candel sticks), der CO2-Zertifikate (orangenfarbene Linie), Gas (gelbe Linie) und Kohle (rote Linie) im Juni und Juli 2019

Abbildung 3: relative Preisentwicklung des Stromfrontjahres Base Deutschland (candel sticks), der CO2-Zertifikate (orangenfarbene Linie), Gas (gelbe Linie) und Kohle (rote Linie) im Juni und Juli 2019 (Quelle: Montel)

Am Kurzfristmarkt lag der durchschnittliche Preis mit knapp unter 40 EUR/MWh über dem Mittel der Day-Ahead-Preise des Juni. Wie in Abbildung 4 deutlich wird, lag die Erzeugung in Gaskraftwerken auch im Juli 2019 merklich über der in Steinkohlekraftwerken. Die deutschen Braunkohlekraftwerke haben im Juli 2019 mit mehr als 8 TWh allerdings über 1 TWh mehr Strom produziert als noch im Vormonat.

Stromerzeugung und Day-Ahead-Preise im Juli 2019 in Deutschland

Abbildung 4: Stromerzeugung und Day-Ahead-Preise im Juli 2019 in Deutschland (Quelle: Energy Brainpool)