Momentan gilt die deutsche Automobilindustrie als Paradebeispiel einer Branche im Umbruch: Die Autobauer investieren Milliarden in die Konzipierung neuer Elektroautos und den Bau ihrer Produktionsanlagen. Im Zuge dieser Strategie kündigte ein bedeutender deutscher Autobauer an, in den nächsten zehn Jahren 22 Mio. sogenannte Battery Electric Vehicles (BEV) produzieren zu wollen. Werden die weltweiten Kobaltreserven ausreichen, um mit den ambitionierten Plänen Schritt zu halten?

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Bei der Konzipierung von Elektroautos setzen momentan alle Automobilhersteller ausnahmslos auf Lithium-Ionen-Batterien (LIB). Diese sind aus technologischer Sicht aktuell alternativlos – aufgrund ihrer hohen Energiedichte bei vergleichsweise geringem Gewicht und ihrer langsamen Selbstentladung. Laut einer Analyse von Energy Brainpool werden die momentan erschlossenen und wirtschaftlich abbaubaren Lithiumreserven bis 2050 reichen, um die Weltnachfrage zu decken.

Viele Hersteller (zum Beispiel Samsung, LG Chem) setzten bei der Wahl des Kathodenmaterials aktuell auf Nickel-Mangan-Kobalt-Kathoden (NMC-Kathode). Mit ihrem langen Lebenszyklus und dem nicht vorhandenen Memory-Effekt (Abfall der Laufzeit bei häufigen Teilentladungen) bieten NMC-Zellen bedeutende Vorteile gegenüber anderen Kathodentypen.
In der Tat plant auch ein Großteil der verbliebenen Hersteller (Tesla/Panasonic, Lishen Tianjin, BYD) in Zukunft auf NMC-Kathoden mit niedrigem Kobaltgehalt umzusteigen.[1][1]

Entwicklung der Nachfrage und Verwendung von Kobalt 2001 – 2017

Abbildung 1: Entwicklung der Nachfrage und Verwendung von Kobalt 2001 – 2017 [Quelle: Deutsche Rohstoffagentur][1]

Nickel und Mangan werden bereits heute in großen Mengen abgebaut und sind vergleichsweise billig. Demgegenüber steht die in den letzten 20 Jahren durch den Boom von NMC-Zellen explosionsartig angestiegene Nachfrage nach Kobalt. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 6,6 Prozent kletterte die weltweite Kobaltnachfrage von 2001 bis 2017 von 40.000 auf 110.800 Tonnen/Jahr (Abbildung 1). Die Kobaltnachfrage der LIB-Produktion stieg mit 14,7 Prozent besonders eindrucksvoll. Schon 2017 machte sie mit 51.000 Tonnen 46 Prozent der weltweiten Nachfrage aus (Abbildung 5).

Instabile Politik im wichtigsten Förderland führt zu starken Preisschwankungen

Insgesamt stammten im Jahr 2018 von den 126.000 Tonnen gefördertem Kobalt mehr als 71 Prozent aus der Demokratischen Republik (DR) Kongo. Weitere 22 Prozent verteilten sich vergleichsweise ausgeglichen auf Russland, Kuba, Australien, die Philippinen, Kanada und Madagaskar auf (Abbildung 2).

geschätzter Kobaltabbau in Tonnen im Jahr 2018

Abbildung 2: geschätzter Kobaltabbau in Tonnen im Jahr 2018 [Quelle: investingnews.com][1]

Betrachten wir die Daten über die weltweiten Reserven, ist die große Rolle der DR Kongo noch deutlicher: Von den ca. 7,4 Mio. Tonnen an weltweit wirtschaftlich abbaubarem Kobalt befinden sich knapp 48 Prozent in dem zentralafrikanischen Land. Dahinter folgen Australien (17 Prozent), Kuba (7 Prozent) und einige weitere Länder mit kleineren Anteilen unter 5 Prozent (Abbildung 3).

Neben den größten Reserven und der größten Fördermenge wiesen die Abbaumengen der DR Kongo in den letzten Jahren auch die stärksten Wachstumsraten auf. So sank die Kobaltförderung im Rest der Welt von 2007 bis 2017 jährlich durchschnittlich um 0,6 Prozent. Hingegen konnte die DR Kongo im gleichen Zeitraum ein Durchnittswachstum von 11,6 Prozent verbuchen (Abbildung 4).

Die Preise für den Rohstoff, der mit zu den teuersten für die Batterieproduktion zählt, schwankte in den letzten Jahren stark. Seit Januar 2017 pendelt der Preis zwischen 25.000 und 80.000 EUR/Tonne. Die starken Schwankungen sind zum Teil dadurch zu erklären, dass Kobalt selten in reiner Form auftritt. Der Rohstoff wird größtenteils als Nebenprodukt bei der Nickel- (37 Prozent) und Kupferförderung (61 Prozent) gewonnen.[2]

Anteile am weltweiten Kobalt-Vorkommen in Prozent

Abbildung 3: Anteile am weltweiten Kobalt-Vorkommen in Prozent [Quelle: statista.com][3]

Kobaltangebot Bergwerksförderung 1976 - 2017

Abbildung 4: Kobaltangebot Bergwerksförderung 1976 – 2017 [Quelle: Deutsche Rohstoffagentur][4]

Hinzu kommt, dass neben den 82 Prozent aus industriellem Bergbau 15 Prozent des Kobalts aus Artisanal- und Kleinbergbau stammt.[5] Durch deren von Ungewissheit geprägte Lieferkette und die schwankende Qualität des abgebauten Kobalts beinhaltet der Kleinbergbau oftmals nicht abschätzbare Risiken für seine Abnehmer. Zusätzlich dazu befinden sich diese nicht-industriellen Abbaustätten größtenteils in der politisch und wirtschaftlich instabilen DR Kongo. Es ist anzunehmen, dass diese Faktoren in der Vergangenheit oftmals der Grund für die ausgeprägte Preisvolatilität mit deutlichen Preisspitzen war.

E-Mobilität als Haupttreiber der Kobaltnachfrage

Als einer der Haupttreiber für den Kobaltpreis gelten Angebot und Nachfrage: So geht das progressive Szenario der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) zur Kobaltnachfrage davon aus, dass die Weltnachfrage bis ins Jahr 2026 auf 225.000 Tonnen/Jahr wachsen wird. Davon sind mit 140.000 Tonnen 62 Prozent auf die Batterieproduktion zurückzuführen.

Laut dem Szenario wird die E-Mobilität ihren Anteil an der Weltnachfrage von 8,2 Prozent im Jahr 2017 (9.000 Tonnen) auf 37,7 Prozent im Jahr 2026 (85.000 Tonnen) steigern (Abbildung 5). Demzufolge kann sie als Haupttreiber der Kobaltnachfrage in den nächsten Jahren bezeichnet werden.

Als umsatzstärkster Automobilhersteller plant allein Volkswagen bis 2023 30 Milliarden EUR in die E-Mobilität zu investieren. Würde der Konzern in den nächsten 10 Jahren tatsächlich wie geplant 22 Mio. Elektroautos produzieren, läge sein Kobaltbedarf bei circa 30.000 Tonnen/Jahr.[7] Damit wäre Volkswagen im Jahr 2026 für 13 Prozent der Weltnachfrage verantwortlich. Mit anderen Worten: Volkswagen würde 35 Prozent des für die E-Mobilität benötigten Kobalts nachfragen.

Kobaltnachfrage nach Art der Verwendung

Abbildung 5: Kobaltnachfrage nach Art der Verwendung [Quelle: Deutsche Rohstoffagentur][1]

Auf der Angebotsseite erwartet die DERA, dass durch Erweiterungen bestehender Bergwerke, die Wiederaufnahme alter und den Bau neuer Bergwerke das Kobaltangebot bis 2026 auf 222.100 Tonnen ansteigen wird.

Mittelfristig erwarten Experten eine geringfügige Unterdeckung der Kobaltnachfrage. Aus diesem Grund kann damit gerechnet werden, dass der Kobaltmarkt im Gegensatz zu den meisten anderen Rohstoffmärkten ein Anbieter- und kein Nachfragemarkt bleibt. Nachdem sich Bergbaukonzerne und Förderländer ihre Abnehmer aussuchen können, ergeben sich für Abnehmer zusätzliche Liefer- und Preisrisiken.

Wachsende Einflussnahme Chinas als zentraler Player bei der E-Mobilität

Chinas große Ambitionen, eine führende Rolle bei der E-Mobilität zu spielen, machen es ebenfalls zu einem bedeutenden Player im Kobaltmarkt. Schon 2016 importierte das Land 54.000 Tonnen Kobalt und dominierte große Teile der Weiterverarbeitungsindustrie, vom abgebauten Kobalterz bis hin zur fertigen Lithium-Ionen-Batterie. In der Tat lag der chinesische Anteil an der weltweiten Raffinadeproduktion von Kobalt 2017 mit 70.000 bei 59,5 Prozent.[8]

Nicht selten werden die erwähnten Preis- und Lieferrisiken als Grund angebracht für die starke Zunahme von chinesischem Einfluss auf rohstoffreiche afrikanische Länder. So sicherte sich China in dem schwierigen Kobaltmarkt-Umfeld im Jahr 2016 53 Prozent der Kobaltproduktion der DR Kongo (48.000 Tonnen). Zudem erwarb die China Molybdenum Co., Ltd. im selben Jahr für 2,65 Mrd. US-Dollar einen 56-prozentigen Anteil an der Tenke-Fungurume-Mine. Diese Mine stellt momentan die größte Kupfermine Afrikas dar.[9] Die aktuelle Position erlaubt es China, mehr Kontrolle auszuüben – sowohl auf die Preise als auch auf die Lieferketten.

Langfristige Entspannung des Kobalt-Marktes in Sicht

Trotz der kurzfristig zu erwartenden Knappheit an den Kobaltmärkten gibt es einige Gründe, die darauf hinweisen, dass sich die Lage mittel- bis langfristig entspannt.

Rein rechnerisch würden allein die 7,4 Mio Tonnen Reserven an Kobalt dafür reichen, eine durchschnittliche Kobaltnachfrage von 300.000 Tonnen/Jahr bis ins Jahr 2042 zu sichern. Der Preisanstieg in der Vergangenheit dürfte dazu führen, dass Bergbaukonzerne und Förderländer in die Primärförderung investieren, um die bekannten Reserven zu erschließen.

Zusätzlich zu diesen an Land liegenden Reserven tritt Kobalt jedoch auch an zwei anderen Stellen auf: in Krustenform in primären Krustenzonen und in Manganknollen in der Clarion-Clipperton-Zone im Zentralpazifik.Diese bis dato noch ungenutzten Kobaltvorkommen in der Tiefsee werden zusammen auf 94 Mio. Tonnen geschätzt.  [10] Addiert man diese zu den an Land liegenden Reserven, wäre die Kobaltnachfrage bis ins Jahr 2356 gesichert.

Außerdem muss hinsichtlich der Kobaltnachfrage in Betracht gezogen werden, dass der Kobalteinsatz pro Batteriezelle seit Jahren rückläufig ist. Während Nickel-Mangan-Kobalt-Kathoden (NMC-Zellen) mit einem Mischverhältnis von 1/1/1 ein Auslaufmodell sind, haben moderne NMC-Zellen schon heute ein Mischverhältnis von 5/3/2 (50 Prozent Nickel, 30 Prozent Mangan, 20 Prozent Kobalt).

Fernere Prognosen gehen gar davon aus dass bis 2026 25 Prozent aller Kathoden mit einem Mischverhältnis von 8/1/1 auskommen. Sprich: mit der gleichen Menge Kobalt kann 3,3-mal so viel Batteriekapazität erzeugt werden (im Vergleich zu NMC-Zellen mit einem Mischverhältnis von 1/1/1).

Ein weiteres elementares Ziel der Batteriezellenforschung ist es, die Potenziale der im Wirtschaftskreislauf liegenden Reserven an Kobalt durch Recycling zu nutzen. Durch das Voranschreiten der E-Mobilität und der dadurch steigenden Anzahl an Batteriezellen ist klar, dass auch das Potenzial der subökonomischen Vorräte jährlich größer wird.

Bedenkt man, dass eine Batteriezelle eine Lebensdauer von circa 16 Jahren hat (durchschnittlich acht Jahre als Energiespeicher für BEV, und acht Jahre im Second Life als stationärer Speicher)[11], könnten die subökonomischen Kobaltreserven von Batteriezellen nach Ablauf ihrer Lebensdauer wiederverwendet werden. Die Deutsche Rohstoffagentur geht davon aus, dass im Jahr 2026 13.000 Tonnen Kobalt, also 5,8 Prozent des Weltangebots, aus dem Recycling alter Batteriezellen kommen.[12]

Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassend kann gesagt werden: Es wird kurzfristig eine starke Nachfrage nach den momentan erschlossenen Kobaltreserven geben. Für Hersteller von Elektroautos und anderen Batteriezellenproduzenten wird es entscheidend, sich mit langfristigen Lieferverträgen gegen Preis- und Angebotsschwankungen auf dem von der DR Kongo dominierten Markt zu behaupten.

Aufgrund der momentan lukrativen Preise und der steigenden Nachfrage ist jedoch langfristig damit zu rechnen, dass die größten Förderländer ihre Primärproduktion von Kobalt massiv steigern werden. Mittelfristig können Verzögerungen bei Bergwerksprojekten zu geringen Angebotsdefiziten und somit Preisanstiegen führen.

Andererseits dürfte der effiziente Einsatz von Kobalt in Batteriezellen von Herstellern weiter erforscht und entwickelt werden. Dies wirkt sich dämpfend auf die Gesamtnachfrage aus. Mit steigender Zahl an Altbatterien dürfte auch das Recycling von Batterierohstoffen skalierbarer und somit lukrativer werden.

Es kann damit gerechnet werden, dass das potenziell stark wachsende Angebot an Kobalt dazu führt dass die Preise sich langfristig auf einem niedrigen Niveau stabilisieren. Extreme Preisspitzen, verursacht durch ein knappes Angebot, sollten langfristig der Vergangenheit angehören.

Fabian Siegel ist Junior Expert bei Energy Brainpool

Quellen:

[1] https://crm.saena.de/sites/default/files/civicrm/persist/contribute/files/2018_12_03%20Rohstoffmonitoring_Kobalt.pdf, Seite 8

[2] https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/Commodity_Top_News/Rohstoffwirtschaft/53_kobalt-aus-der-dr-kongo.pdf?__blob=publicationFile&v=2

[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/38455/umfrage/weltweite-reserven-an-cobalt/

[4] https://crm.saena.de/sites/default/files/civicrm/persist/contribute/files/2018_12_03%20Rohstoffmonitoring_Kobalt.pdf, Seite 20

[5] https://crm.saena.de/sites/default/files/civicrm/persist/contribute/files/2018_12_03%20Rohstoffmonitoring_Kobalt.pdf

[6] https://crm.saena.de/sites/default/files/civicrm/persist/contribute/files/2018_12_03%20Rohstoffmonitoring_Kobalt.pdf

[7] https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentar-volkswagen-geht-mit-seiner-elektro-strategie-voll-ins-risiko/23974628.html

[8] https://crm.saena.de/sites/default/files/civicrm/persist/contribute/files/2018_12_03%20Rohstoffmonitoring_Kobalt.pdf, Seite 21

[9] http://www.chinamoly.com/05news/DOC/CMOC_Press_Release_(English)_vF.pdf

[10] https://worldoceanreview.com/wor-3/mineralische-rohstoffe/kobaltkrusten/

[11] https://mobilitymag.de/batterien-second-life-elektroautos/

[12] https://crm.saena.de/sites/default/files/civicrm/persist/contribute/files/2018_12_03%20Rohstoffmonitoring_Kobalt.pdf, Seite 25