Nachdem Sie nun einen Überblick darüber bekommen, wo Erdgas gefördert wird und welche Regionen für den europäischen Erdgasmarkt von besonderer Bedeutung sind, soll nun ein Überblick darüber gegeben werden, wo Erdgas verbraucht wird und wovon der Erdgasverbrauch abhängt.

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Die Verbrauchsstruktur von Erdgas der letzten 10 Jahre ist in Abbildung 1 (Quelle: BDEW) zu sehen. Fast 40 Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs findet in der Industrie statt. Dort wird Erdgas überwiegend für die Bereitstellung von Prozesswärme benötigt. Prozesswärme ist Wärme, die für industrielle Prozesse, z.B. für chemische Reaktionen, um Materialien zu trocknen oder um sie zu erhitzen und so bearbeiten zu können, benötigt wird.

Abbildung 1: Entwicklung des Erdgasabsatzes in Deutschland (Quelle: BDEW)

Abbildung 1: Entwicklung des Erdgasabsatzes in Deutschland (Quelle: BDEW)

Außerdem betreiben größere Unternehmen mit hoher Wärmenachfrage oft erdgasgefeuerte Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen), die gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen oder eigene erdgasgefeuerte Kraftwerke ausschließlich zur Stromproduktion. Da der Prozesswärmebedarf teilweise abhängig von der Außentemperatur ist (z.B. weil bei niedrigen Außentemperaturen mehr Energie zum Vorwärmen der Materialien erforderlich ist), und da in der Industrie Erdgas auch zu Heizzwecken eingesetzt wird, ergibt sich eine geringfügige Saisonabhängigkeit im Industriesektor.

Anders ist dies beim Erdgasverbrauch in Privathaushalten und dem Sektor Gewerbe-Handel-Dienstleistungen (GHD): Hier wird Erdgas fast ausschließlich für die Befeuerung von Heizkesseln in Gebäuden benötigt. In Deutschland werden ca. 50 Prozent der Wohngebäude mit Erdgas beheizt. Aber auch in größeren öffentlichen Gebäuden oder im Sektor spielt der Erdgaseinsatz zu Heizzwecken eine wichtige Rolle. Bedingt durch den Einsatzzweck ist die Nachfrage in den genannten Sektoren sehr stark saisonabhängig: Während in den Wintermonaten die Nachfrage aus dem Wärmesektor sehr hoch ist, so ist sie im Sommer nahezu nicht vorhanden.

Als letztes treten natürlich auch erdgasbefeuerte Kraft- und Heizwerke der öffentlichen Versorgung als Erdgasverbraucher auf.

Addiert man die einzelnen Verbrauchsstrukturen, die sich aus den aufgeführten Sektoren ergeben, so entsteht auch im Gesamtverbrauch eine starke Temperaturabhängigkeit, die in untenstehender Abbildung 2 zu sehen ist.

Temperaturabhängigkeit des Erdgasverbrauchs, Quelle: Energy Brainpool

Abbildung 2: Temperaturabhängigkeit des Erdgasverbrauchs, Quelle: Energy Brainpool

Die dargestellte Temperaturabhängigkeit führt nicht nur zu einer saisonalen Abhängigkeit (hohe Erdgasnachfrage im Winter, niedrige Erdgasnachfrage im Sommer), sondern auch zu starken Schwankungen des jährliches Erdgasbedarfs in Deutschland (bzw. einem Versorgungsgebiet) in Abhängigkeit der Jahresmitteltemperatur. Diese jährlichen Schwankungen sind über die letzten Jahre in Abbildung 2 deutlich zu sichtbar. Zum einen sind die saisonalen Schwankungen zu erkennen: Der Erdgasverbrauch im Monat mit dem niedrigsten Verbrauch im Sommer beträgt üblicherweise nur 30 Prozent bis 50 Prozent des Verbrauchs im Monat mit dem höchsten Verbrauch im Winter. Außerdem ist beispielsweise zu erkennen, dass im Winter 2008/2009 und im Winter 2011/2012 der höchste monatliche Verbrauch deutlich niedriger war als in den sonstigen Jahren. In beiden Fällen haben die milden Temperaturen zum niedrigen Verbrauch beigetragen.

Neben der Temperaturabhängigkeit kann vor allem in der Industrie auch eine Abhängigkeit des Erdgasverbrauchs von der wirtschaftlichen Entwicklung/Konjunktur festgestellt werden. Die für die Industrieproduktion benötigte Erdgasmenge ist höher, je höher der Produktoutput des betrachteten Unternehmens bzw. der gesamten Volkswirtschaft ist.