Das „Klassentreffen“ der Energiewirtschaft bringt jedes Jahr die Energiebranche zusammen. Drei intensive Tage haben eine Bandbreite an Eindrücken hinterlassen. Trotz einiger Highlights, war eine gewisse Ernüchterung nicht zu leugnen. Lesen Sie unseren ganz persönlichen Eindruck der E-world 2018.

© E-world energy & water GmbH

Die E-world 2018 konnte auch dieses Jahr mit einem Aussteller- und Besucherrekord ihre Position als Europas führende Fachmesse der Energiewirtschaft unter Beweis stellen. Schnell konnten sich in drei intensiven Tagen die großen Trendthemen des aktuellen Jahres herauskristallisieren. Mit dem Begriff „smarte Energielösungen“ lässt sich das vorgestellte Sammelsurium an Konzepten und Ideen zusammenfassen. Digital, meist auch dezentral und wenn möglich dekarbonisiert. Diese Merkmale finden sich überall.
Die E-world ist aber auch ein Stimmungsbarometer für die Energiewirtschaft. Es hat eine gewisse Ernüchterung eingesetzt. Die großen Hoffnungsträger „Digitalisierung“ und „Blockchain“ konnten die in sie gesetzte überhöhte Erwartung bisher nicht wirklich erfüllen. In vielerlei Hinsicht befinden wir uns in einem Tal der Desillusion.

Abbildung 1: Hype-Zyklus (Quelle: Nach Gartner Inc., Darstellung Energy Brainpool)

Abbildung 1: Hype-Zyklus (Quelle: Nach Gartner Inc., Darstellung Energy Brainpool)

Wir haben mit Eike Dehning, dhng Consulting, über seine persönlichen Eindrücke von der E-world gesprochen.
„Ich habe die Stimmung als verhalten, fast desillusioniert wahrgenommen. Die großen “D”s haben wenig Dynamik. Die Dekarbonisierung hat bisher nicht stattgefunden und ist politisch auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Dezentralisierung kommt bestenfalls in Tippelschritten voran. Und bei der “Digitalisierung” – passend zur Woche nach Karneval – scheint der Rausch der letzten zwei Jahre vorbei.“

Technische Lösungen sind dabei weniger das Problem. Von echten Smart-Metern bis maschinelles Lernen – das Angebot ist da. Nur an der Umsetzung hapert es. Die Ursachen sind dabei vielschichtig. Die regulatorischen Rahmenbedingungen hängen dem technischen Fortschritt eindeutig hinterher. Das enorme verfügbare Potenzial lässt sich damit nur unzureichend in wirtschaftlich erfolgreiche und skalierbare Geschäftsmodelle umsetzen.
Eike Dehning sieht aber auch die Energieversorger in der Verantwortung. „Die EVUs kann man grob in zwei Lager teilen. Das größere Lager versucht sich möglichst nicht zu bewegen, um die Kunden nicht auf die Idee zu bringen, den Anbieter zu wechseln. Ein paar innovative EVUs öffnen sich der Digitalisierung und überfordern ihre Kunden mit Komplexität, Buzzword “Blockchain”. Angebote wie “Sharing” und “Community” sind für eine spezielle Zielgruppe sehr spannend. In der breiten Masse hingegen beantworten sie kein Kundenbedürfnis. Sie verkaufen den Kunden ein Problem, dass diese vorher gar nicht hatten.
Es ist erstaunlich für mich, dass kaum ein EVU seine digitalen Hausaufgaben, etwa beim Thema CRM, gemacht hat. Hier liegt eine Menge Wertschöpfung, die relativ einfach gehoben werden kann. Die Tools und Dienstleister sind verfügbar. Voraussetzung: Die EVUs beschäftigen sich nicht nur mit sich selbst, sondern mit ihren Kunden.“

Es fehlt an echten Visionen für die Zukunft und einer klaren Zielvorgabe. Die energiepolitischen Leitplanken sind in Zeiten ungewisser politischer Richtungsfindung nur verschwommen erkennbar und ermutigen nur wenig, neue Wege zu gehen. Dennoch verfällt die Energiebranche dadurch nicht in einen völligen Dornröschenschlaf. Die Integration erneuerbarer Energien setzte sich weiter fort – zunehmend auch abseits staatlicher  Förderung. Während die Finanzierung von neuen Projekten zunehmend auf PPAs (Power Purchase Agreements) aufgebaut werden soll, profitieren Verbraucher von fallenden Kosten für Solaranlagen und Batteriespeicher.
„Offenbar gibt es eine Reihe neuer Anbieter für B2C-Solar-Angebote. Die technischen Grundlagen im Bereich der Energiemanagementsysteme und gerade auch im Marketing sind deutlich besser als vor fünf Jahren. Vielleicht gelingt es einem dieser Akteure, “den Markt zu knacken”. Ein paar Fortschritte in der Kundenansprache sind erkennbar, aber es ist meiner Ansicht nach auch für die “Neuen” noch ein weiter Weg.“ Der Ausblick von Dehning ist positiv: „Ich denke, dass, bezogen auf die Digitalisierung des Energiemarktes, das Bild des Hype-Zyklus zutrifft und wir in den kommenden zwei Jahren Angebote sehen werden, die den Markt erreichen und sich in der Breite durchsetzen werden.“
Wie geht es nun weiter? Hoffen auf einen energiepolitischen Messias, der eine klare Vision hat, den technischen Fortschritt vollumfänglich berücksichtigt, betriebswirtschaftliche Spielräume ermöglicht und die volkswirtschaftliche Wohlfahrt dabei nicht vergisst?
Die Herausforderungen der Zukunft lassen sich mit den Mitteln der Vergangenheit immer weniger lösen. Solche gravierenden Veränderungen durchlaufen auch immer Phasen der Desillusion und Orientierungslosigkeit. Die erfolgreiche Transformation des Energiemarktes, gelingt uns nur, wenn alle Akteure engagiert und kreativ an Lösungen arbeiten.