Während die Ausschreibung für PV im Juni 2019 niedrigere Preise liefert, wird an der klimapolitischen Front verzögert. So will der Gesetzgeber erst im Herbst die Details zu einer möglichen CO2-Bepreisung und einer Steuerreform für den Klimaschutz bekannt geben. Der zweite Fortschrittsbericht der Energiewende macht hingegen klar: Viele der Energiewendeziele werden bei dem derzeitigem Tempo nicht erreicht. Die Preise am langen Ende fallen mit Kohle und CO2 und der Spotmarkt schlägt ins Negative aus.

Niedrigere Preise in Solarausschreibungen im Juni 2019

Im Vergleich zur Ausschreibung im März 2019 sank der durchschnittliche Zuschlagswert laut Bundesnetzagentur um mehr als einen Cent auf 5,47 ct/kWh. Allerdings liegen die Ausschreibungsergebnisse aus dem Juni 2019 etwa einen ct/kWh über den Ergebnissen aus dem Jahr 2018.

Die Ausschreibung von 150 MW war mit 556 MW an eingereichten Geboten mehr als 3,5-fach überzeichnet. Zweidrittel der bezuschlagten Menge von 205 MW gingen an Mecklenburg-Vorpommern. Wobei der Wert an bezuschlagter Kapazität die ausgeschriebene Menge um gut 50 MW übertraf. Dies lag an einem sehr großen erfolgreichen Gebot, das die Zuschlagsgrenze bildete, so die Bundesnetzagentur (Quelle: Montel). Abbildung 1 stellt die Ergebnisse der deutschen Solarausschreibungen seit Beginn 2018 dar.

durschnittlicher Zuschlagswert der Solarausschreibungen in Deutschland seit Beginn 2018 in ct/kWh

Abbildung 1: durschnittlicher Zuschlagswert der Solarausschreibungen in Deutschland seit Beginn 2018 in ct/kWh (Quelle: Energy Brainpool)

Deutlich erkennbar sind die höheren Zuschlagswerte im Jahr 2019. Ob die Preise wieder unter die Marke von 5 ct/kWh fallen, wird die nächste technologiespezifische PV-Ausschreibung im Oktober dieses Jahres zeigen.

Klimapolitische Reform soll im Herbst kommen

Der Wahlerfolg der Grünen bei der Europawahl scheint der Großen Koalition das Thema Klimaschutz wieder schmackhaft gemacht zu haben. So will die Regierungskoalition im September entscheiden, wie die Sektoren Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft ihre CO2-Emissionen reduzieren sollen, kündigte Kanzlerin Merkel Anfang Juni an (Quelle: Montel).

Bis 2030 will Deutschland seinen CO2-Ausstoß um 55 Prozent gegenüber 1990 reduzieren. Um dies zu erreichen, müssen die Politiker viele Hebel in Bewegung setzen. Dies ist sich die Regierung nun langsam, aber sicher auch bewusst geworden.

Viele Verbände, Wissenschaftler, aber auch Politiker sprechen sich daher für einen CO2-Preis aus, welcher Anreize zur Treibhausgasreduktion in die Nicht-ETS Sektoren bringt. So will die Union eine klimabasierte Steuerreform bis zum Herbst ausarbeiten und vorlegen. Das aktuelle System von Umlagen, Abgaben und Steuern zielt nicht auf eine CO2-Minderung ab und muss von der Regierung modernisiert werden.

Quo vadis CO2-Preise?

Auch die Wirtschaft braucht eine verlässliche Aussage, um auf Unternehmensebene mittel- und langfristig entscheiden zu können. Kommt ein zusätzlicher CO2-Preisund wenn ja, in welcher Höhe? Im Gespräch ist eine Größenordnung von 30 bis 50 EUR/Tonne. Die Preise der CO2-Zertifikate im ETS liegen im Juni 2019 bei etwa 25 EUR/Tonne.

Es wird ein intensiver Herbst und Winter werden: Sowohl der Kohleausstieg, eine klimabasierte Steuerreform als auch das Klimaschutzgesetz (Quelle: Montel) müssen diskutiert und verabschiedet werden.

Fortschrittsbericht zur Energiewende zeigt gemischte Bilanz

Dass eine Reform des Klimaschutzes wirklich notwendig ist, zeigt der zweite Fortschrittsbericht zur Energiewende.  Anfang Juni 2019 veröffentlichte die Bundesregierung das Dokument. Der zweite Fortschrittsbericht beschreibt den Stand der Energiewende bis Ende 2017 und wird begleitet von einer Stellungnahme einer Expertenkommission.

Allein der Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor ist auf Zielkurs für 2020. Das Erreichen vieler anderer Ziele der Bundesregierung wird laut Expertenkommission allerdings nicht sichergestellt oder ist sogar unwahrscheinlich (Quelle: PV Magazine).

Deutliche Verfehlungen der Klimaziele

Insbesondere bei der Reduktion der CO2-Emissionen müsste sich die Geschwindigkeit verdreifachen, um das Klimaziel für 2030 zu erreichen:  von 1,2 Prozent Reduktion pro Jahr auf eine jährliche Minderung von 3,6 Prozent (Quelle: Erneuerbare Energien). Auch die Steigerung der Endenergieproduktivität und die Reduktion des Energieverbrauchs in den Gebäude- und Verkehrssektoren wird deutlich verfehlt.

In Abbildung 2 ist zu sehen, wie die Experten der Kommission das Erreichen der verschiedenen energie- und klimapolitischen Zielsetzungen für die Jahre 2020/2022 einschätzen (Quelle: Expertenkommission).

Gesamteinschätzung der Expertenkommission zum Stand der Energiewende zur Zielerreichung 2020/2022

Abbildung 2: Gesamteinschätzung der Expertenkommission zum Stand der Energiewende zur Zielerreichung 2020/2022 (Quelle: Expertenkommission)

Niedrige Preise im Energiekomplex

Der Trend an den Futuremärkten ging weiter nach unten. Seit Mitte April 2019 hat sich bei allen Commodities ein Preisverfall eingestellt. Die Kohlepreise für nächstes Jahr liegen bei nunmehr 64 USD/Tonne und somit gute 10 EUR unter den Preisen im April. Ähnlich haben sich die Ölpreise entwickelt, welche von 72 USD/Barrel auf unter 60 USD/Barrel Mitte Juni 2019 fielen.

Die Streitigkeiten zwischen den USA und Iran haben allerdings in der zweiten Hälfte des Junis zu steigenden Ölpreisen (65 USD/Barrel) geführt. Insbesondere die für den Ölhandel wichtige Straße von Hormus könnte von Spannungen im Nahen Osten betroffen sein.

Der Fall der Gas- und CO2-Preise drückt ebenfalls auf das deutsche Frontjahr für Strom. So lag der Grundlastkontrakt für Strom 2020 Ende Juni bei etwa 47 EUR/MWh, nach noch über 50 EUR/MWh im April dieses Jahres. Abbildung 3 zeigt die relativen Preisveränderungen der Frontjahrkontrakte im Zeitraum Mitte April bis Ende Juni 2019.

Deutlich sichtbar ist der Preisverfall, welcher nur gegen Ende Juni von wieder steigenden CO2-Preisen und einer Hitzewelle aufgehalten wurde.

relative Preisveränderungen für Frontjahrkontrakte für Kohle (rote Linie), Gas (gelbe Linie), Öl (grüne Linie), CO2 (orangenfarbene Linie) und Strom (candel sticks) von Mitte April bis Ende Juni 2019

Abbildung 3: relative Preisveränderungen für Frontjahrkontrakte für Kohle (rote Linie), Gas (gelbe Linie), Öl (grüne Linie), CO2 (orangenfarbene Linie) und Strom (candel sticks) von Mitte April bis Ende Juni 2019 (Quelle: Montel)

 Am Spotmarkt zeigte sich insbesondere der niedrige Gaspreis durch hohe Erzeugung der Gaskraftwerke. Wie Abbildung 4 verdeutlicht, lag die Stromerzeugung aus Gaskraftwerken sogar auf höherem Niveau als die der Steinkohlekraftwerke. Außerdem führte hohe Wind- und Solareinspeisung am Samstag, den 8. Juni 2019, zu negativen Preisen in den ersten 19 Stunden des Tages. Der Mittelwert der Strompreise an diesem Tag lag bei -47,60 EUR/MWh, der tiefste Wert in Stunde 15 bei -90,01 EUR/MWh.

Stromerzeugung und Day-Ahead-Preise im Juni 2019 in Deutschland

Abbildung 4: Stromerzeugung und Day-Ahead-Preise im Juni 2019 in Deutschland (Quelle: Energy Brainpool)