Beim Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität gibt es ein großes Problem: Ladepunkte, die nicht genutzt werden, sind unwirtschaftlich. Die Frage ist also: Wie finden Ladesäulenbetreiber diejenigen Standorte, bei denen das Potenzial für Elektromobilität am höchsten ist? Und welche Rolle spielt dabei die automatisierte Ladeinfrastrukturplanung?
Wer Ladepunkte plant, trifft unsichere Entscheidungen und braucht viel Zeit und Geld. Besonders die Suche nach dem richtigen Standort ist schwierig: Es geht im Grunde um die Orte mit dem höchsten Ladebedarf und gleichzeitig sinnvoller Auswirkung auf die Gesamtladeinfrastruktur. Für alle Akteure, die den Aufbau von Ladeinfrastruktur im eigenen Einflussbereich vorantreiben wollen, gibt es viel zu beachten. Hilfe verspricht etwas Neues: die automatisierte Ladeinfrastrukturplanung.
Zwei Ansätze der Ladeinfrastrukturplanung
Erster Ansatz: größtmögliche Flächenabdeckung als Ziel
Hierbei werden grundsätzlich zwei Ansätze verfolgt. Im ersten Fall ist die Zielsetzung, eine möglichst große Flächenabdeckung in einem bestimmten Gebiet zu erreichen. Dabei werden Algorithmen verwendet, die die Abstände zwischen den Ladepunkten möglichst klein halten und gleichzeitig das gesamte Planungsgebiet optimal mit Ladeinfrastruktur versorgen. Das könnte dann in einer Beispielregion so aussehen wie in der ersten Abbildung.
In diesem exemplarisch gezeigten Planungsraum erkennt man, dass eine größtmögliche Flächenversorgung realisiert wurde. Dabei wurde außerdem der bestehende Ladepunkt (blau eingefärbt) berücksichtigt. Die gesetzten Kreise zeigen hierbei den Versorgungsbereich eines jeden Ladestandortes an. Dieser Planungsansatz stellt eine bestmögliche Flächenabdeckung des Versorgungsraums sicher.
Er berücksichtigt jedoch nicht, dass die Ladebedarfe wahrscheinlich unterschiedlich verteilt sind. Gerade in Planungsgebieten mit einer sehr heterogenen Verteilung von Elektrofahrzeugen oder Ballungszonen der Bevölkerung kann dieser Ansatz zu Fehlinvestitionen führen.
Zweiter Ansatz: bedarfsorientierte Standortberechnung der Ladeinfrastruktur
Um dies zu erreichen, gibt es einen zweiten Berechnungsansatz, der auf eine bedarfsorientierte Standortberechnung der Ladeinfrastruktur abzielt. Hierbei kann eine Vielzahl von Faktoren, wie demografische Daten, vorhandene Points-Of-Interest (POI), bis hin zur Affinität der Bevölkerung zu Nachhaltigkeit oder neuen Mobilitätsformen in der Berechnung berücksichtigt werden. Der Algorithmus bestimmt daraus das Elektromobilitätspotenzial und auf dieser Basis die optimale Verteilung der Ladestandorte.
In der Abbildung 2 sieht man den Unterschied im Vergleich zur Flächenabdeckung. Die Ballungsgebiete werden jetzt bei der Ladeinfrastrukturplanung stark bevorzugt, da hier der prognostizierte Bedarf am höchsten ist. Die automatisch gesetzten Ladepunkte zeigen aber auch attraktive Ladepunkte abseits der Ballungsräume, da dort planungsrelevante POIs vorhanden sind. Gerade im Hinblick auf eine Amortisation der aufzubauenden Ladestandorte ist eine bedarfsorientierte Planung also sinnvoll.
Dieser Ansatz ermöglicht es, eine erhöhte Auslastung zu realisieren und durch Prognosen auch zukünftige Ladebedarfe einfließen zu lassen. Ein kombinierter Ansatz beider Methoden kann eine annähernde Flächenversorgung sicherstellen, ohne die tatsächlichen Bedarfe außer Acht zu lassen.
Firmen wie Localiser aus Berlin bieten Softwarelösungen an, die die beschriebenen Ansätze verbinden und damit bei allen Fragen rund um den Aufbau von Ladeinfrastruktur helfen. Bei Localiser ist es ein web-basiertes Tool, das die räumliche Planung automatisiert übernimmt und sekundenschnell Standortvorschläge liefert.
Hauptkriterien für gute Standorte
Wer seine Ladepunkstandorte noch selber suchen möchte, der oder die kann sich auch an den folgenden Hauptkriterien für gute Standorte orientieren:
Bestandsladeinfrastruktur
Wo sind die bestehenden Ladepunkte im Suchraum und welchen Ladebedarf decken sie schon ab? Entsprechend sollten weitere Ladepunkte geplant werden, nämlich in sinnvoller Ergänzung. Informationen über bestehende Ladepunkte findet man über Datenbanken im Internet, Webseiten oder die Landkarten von Anbietern.
Elektromobilitätspotenzial
Wo genau sind die Hotspots der Elektromobilität, also wo brauchen Anwender nachher überhaupt Ladepunkte? Forschungsprojekte haben ergeben, dass eine Reihe von soziodemografischen Parametern dafür ausschlaggebend ist. Es geht im Kern um folgende Fragen: Wie ist die Verteilung von Einfamilienhäusern im Vergleich zu Mehrfamilienhäusern im Suchraum, wie ist die Altersstruktur in der Umgebung, wie ist die Kaufkraft? Wertet man diese Daten für die möglichen Ladepunkte bzw. die betrachtete Region aus, identifiziert man die Gegenden mit dem größten Wachstumspotenzial.
Bedarfe
Heute findet ein Großteil der Ladevorgänge noch zu Hause statt. Wenn die Anzahl der E-Fahrzeuge steigt, werden die Fahrerinnen und Fahrer auch auf der Arbeit laden wollen, beim Einkaufen im Supermarkt oder in anderen Situationen, in denen ihr Auto länger als 15 Minuten parkt. Dieser Frage haben sich auch die oben beschriebenen bedarfsgerechten Verteilalgorithmen angenommen.
Im Planungsprozess kann man überprüfen, welche POIs zur Verfügung stehen und wie die Verkehrsstärken der Straßen in der Nähe der Ladepunkte sind. Oder auch: Wo sind Parkplätze, die für das Laden umgewandelt werden könnten? Dabei erkennt man direkt, wo in Kooperation mit Parkplatzbetreibern Ladeinfrastruktur aufgebaut werden könnte und wo die verbleibenden öffentlichen Bedarfe für Ladepunkte entstehen werden.
Wie auch immer Sie suchen: Der Kampf um die besten Standorte hat begonnen! Finden Sie die wirtschaftlichsten zuerst, dann bringen Sie sich optimal in Stellung für den Hochlauf der Elektromobilität.
Gastbeitrag von Dr. Kathrin Goldammer – Geschäftsführerin des Reiner Lemoine Instituts (RLI) sowie des Spin-Offs Localiser RLI GmbH
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