Mit steigender Einspeisung erneuerbarer Energien im Zuge der Energiewende werden Versorgungsengpässe und Netzinstabilität durch einen abrupten Leistungsabfall Anlagen erneuerbarer Energien befürchtet. Die partielle Sonnenfinsternis am 20. März 2015 diente als Test für das Strommarktflexibilität für die Zeiten nach Abschaltung der Kernkraftwerke im deutschen Strommarkt.

Solar eclipse of 20 March 2015

Am 20. März 2015 waren bei der partiellen Sonnenfinsternis von ca. 9:30 bis 12:00 Uhr im deutschlandweiten Mittel bis zu 73 Prozent der Sonne durch den Mond bedeckt.

Energy Brainpool prognostizierte für einen Tag mit geringer bis keiner Bewölkung potentielle volkswirtschaftliche Mehrkosten von knapp 3 Millionen Euro und zusätzliche knapp 10 Millionen Euro an Kompensationskosten im Falle einer Abschaltung eines Teils der deutschen PV-Anlagen um die Effekte der Solardelle zu mindern.

Solche Mehrkosten für die Volkswirtschaft berechnen sich einerseits durch einen höheren Strompreis an der Strombörse während der Sonnenfinsternis, denn normalerweise verdrängt günstiger Photovoltaikstrom teureren Strom aus konventionellen Kraftwerken. Während der Sonnenfinsternis müssen aber diejenigen Kraftwerke laufen, die flexibel die „Delle“ in der solaren Erzeugung ausgleichen können – mit preissteigendem Effekt. Andererseits sind Mehrkosten durch die Maßnahmen, die die Übertragungsnetzbetreiber zusätzlich ergreifen müssen bedingt, insbesondere durch die Beschaffung zusätzlicher Regelleistung.

Abbildung 1 zeigt den prognostizierten Verlauf der deutschlandweiten PV-Einspeisung im Falle eines sonnigen Tages während der Sonnenfinsternis. Die an der Strombörse gehandelten Stundenprodukte (Day-Ahead-Markt) und Viertelstundenprodukte (Intraday-Markt) sind mit den entsprechenden Mittelwerten aufgetragen — sie finden Einfluss in die fundamentale Energiemarktsimulation der Strompreise, die der Untersuchung zugrunde liegt. Besonders herausfordernd könnte ein sonniger Tag für die Übertragungsnetzbetreiber werden, da sie u. a. zusätzliche Minutenreserve ausschreiben müssen. Die dafür anfallenden Leistungspreise gehen zusätzlich in die Kostenbetrachtung ein.

Tatsächliche Preisentwicklung am Tag der Sonnenfinsternis

Die Solarenergieproduktion erreichte am 20. März 2015 im Tagespeak eine Erzeugungsleistung von fast 20 GWh bei einer installierten Leistung von rund 39 GW in Deutschland. Während der Sonnenfinsternis sank die Erzeugung aus Solaranlagen bis auf 5,5 GWh, was zu entsprechenden Solarrampen führte.

Im Day-Ahead-Markt (Abbildung 2) der EPEX Spot SE in Paris lässt sich der Preiseffekt der Sonnenfinsternis deutlich erkennen: Bis zur Tagesmitte wurden fallende Preise verzeichnet, die in der „Ausreißer“-Stunde 11 beim maximalen Bedeckungsgrad der Sonne unterbrochen wurden. Der Tageshöchstpreis in Stunde 20 lag mit rund 5 €/MWh über dem Preis von Stunde 11. Für die Koordination von Angebot und Nachfrage auf Stundenebene waren demnach keine Extrempreise nötig. Das durchschnittliche Preisniveau des Tages (Base) lag mit rund 35 €/MWh im Vergleich zu den Vortagen auf einem durchschnittlichen Niveau.

Für die Zeit der Sonnenfinsternis zeigte sich der viertelstündliche Strompreis auf den Kurzfristmärkten der EPEX Spot und der EXAA äußerst volatil. Zwischen dem Preis für Strom von 09:45 bis 10:00 Uhr und dem von 10:00 bis 10:15 Uhr betrug der maximale Preishub 1.925 EUR/MWh (Abbildung 3). Dies kann als sehr großer Anreiz für Flexibilität verstanden werden: Flexible Marktteilnehmer können von solchen Preisschwankungen profitieren, dabei den Ausgleich von Angebot und Nachfrage unterstützen und den Einsatz von Regelenergie verhindern oder reduzieren.

Zur Gewährleistung der Systemstabilität wurde von den Übertragungsnetzbetreibern zusätzliche Regelleistung separat ausgeschrieben. Insgesamt standen am 20. März zwischen 8 und 12 Uhr eine positive Minutenreserve und Sekundärregelleistung von etwa 8 GW zu Verfügung – etwa doppelt so viel wie die übliche Menge. Auch zusätzliche negative Regelleistung wurde in ähnlichem Umfang ausgeschrieben.

Bedeutung für die Energiewende

Marktakteure hatten im Vorfeld der Sonnenfinsternis festgestellt, dass die steilen Lastgradienten während der Sonnenfinsternis bei anhaltendem PV-Zubau zukünftig von der Ausnahme zur Regel werden, da sie dann an jedem sonnigen Tag auftreten können. Die Analyse der Preise im Kurzfristhandel zeigen, dass dies auch hohe Anreize für Flexibilität bietet.

Ausgeprägte Rampen erhöhen den Bedarf an Flexibilität zur Koordinierung der Ressourcen an den kurzfristigen Spotmärkten. Volatile Preisverläufe (z. B. im Intraday-Markt) setzen wettbewerbliche Anreize, wie die Sonnenfinsternis zeigt, wobei sehr hohe Preisspitzen dabei als Knappheitssignal dienen.

Die im Grünbuch beschriebenen Maßnahmen für den Strommarkt 2.0 sowie die Maßnahmen nach dem Eckpunktepapier von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel vom März 2015 können diese wettbewerblichen und technologieoffenen Anreize für Flexibilität prinzipiell weiter stärken. Da zusätzliche Flexibilität die Preisextreme verringert und damit die Anreize für neue Flexibilität dämpft, wirken preisliche Anreize gleichzeitig selbstregulierend auf den Flexibilitätsbedarf.