In zwei Beiträgen blicken wir zurück auf die EEG-Ausschreibungen des Jahres 2018. Welche Erkenntnisse haben die Ausschreibungen gebracht und was erwarten wir für 2019? In Teil 1 beginnen wir mit den zwei Technologien, die die Säule unserer zukünftigen Stromversorgung bilden sollen: Photovoltaik (PV) und Onshore-Windenergie. In Teil 2 beschäftigen wir uns mit den technologieübergreifenden Ausschreibungen, Offshore-Windenergie und Biomasse. Eine kleine Einführung zum Thema Ausschreibungsdesign finden Sie am Ende des Artikels.
Weiter hoher Wettbewerb bei der PV
Bei PV war durchweg eine hohe Überzeichnung in den Ausschreibungsrunden zu beobachten. Im Oktober gestaltete sich die angebotene Leistung mehr als dreimal so hoch wie die ausgeschriebene (Abbildung 1).
Der zulässige Höchstwert ist in keiner Ausschreibungsrunde durch ein bezuschlagtes Gebot angetastet worden. Im Schnitt lagen die bezuschlagten höchsten Gebotswerte 44 Prozent unterhalb des zulässigen Höchstwertes. Die durchschnittlichen Zuschlagswerte lagen im Schnitt 48 Prozent darunter. Im Vergleich zu den Ausschreibungsergebnissen der Vorjahre haben die Zuschlagswerte aufgehört, signifikant zu sinken.Die Zuschlagswerte aus dem Vorjahr konnten zwar in Teilen nochmals unterboten werden. Jedoch scheinen sie sich dieses Jahr auf ein Niveau zwischen 4 und 5 ct/kWh eingependelt zu haben.
Dies lässt grundsätzlich den Gedanken aufblitzen, dass das Potenzial bei PV möglicherweise langsam erschöpft ist, Kosten zu mindern. Wirft man jedoch einen Blick auf zukünftige Prognosen, wird schnell klar, dass die Branche auch in Zukunft sinkende Kosten erwartet, vor allem durch die vom Weltmarkt getriebene Entwicklung der Modulpreise (Quelle: PV-Magazin). Im Jahr 2017 beschloss die EU-Kommission, die Mindest-Importpreise auf chinesische PV-Module schrittweise zu senken. Erreicht dieser Effekt auch Deutschland, kann er ggf. zu weiteren Kostenreduktionen beitragen.
Ein Vergleich mit den Future-Preisen für das Jahr 2019 zeigt, dass die Gebotswerte sehr nah am Großhandelspreis für Strom liegen – aktuell sogar darunter. Hierfür dient in folgender Abbildung der EEX-Base-Preis als Vergleichswert für das nächste Jahr. Der PV-Strom besitzt zwar kein Base-Profil, sondern hat durch saisonale und tageszeitbedingte Schwankungen eine abweichende Wertigkeit.Allerdings liegt der Marktwertfaktor, der diese Wertigkeit des Erzeugungsprofils im Vergleich zum Base-Preis ausdrückt, aktuell bei ca. 100 Prozent. Mehr dazu lesen Sie in unseren Artikeln zum Vermarktungswert. Eine Analyse der zukünftigen Entwicklung dieses Wertes anhand fundamentaler Strompreisszenarien in verschiedenen Ländern ist gegenwärtig ein zentraler Analyseschwerpunkt von Energy Brainpool.
Da bei EEG-Zuschlagswerten kein Inflationsausgleich erfolgt, verringert sich deren realer Wert mit der Zeit. In der Abbildung 3 sehen Sie exemplarisch den Realwert des mittleren Zuschlagswertes der Oktober-Ausschreibung für das Jahr 2030. Aus heutiger Sicht ist es sehr wahrscheinlich, dass für die 2018 bezuschlagten PV-Anlagen (im Laufe ihrer Betriebszeit) zeitweise die finanzielle Förderung über das EEG auf 0 EUR/MWh absinken wird. Für viele Anlagenbetreiber dürfte es auch reizvoll sein, für diesen nicht mehr finanziell geförderten Strom die zuletzt im Preis gestiegenen Herkunftsnachweise zu verkaufen.
Bei den eingereichten Geboten zeigt sich, dass Bayern und die östlichen Bundesländer die Nase vorn haben. Mit Blick auf die Verteilung der Zuschläge (Abbildung 4) kristallisiert sich jedoch eine klare bayerische Dominanz heraus. Pikant: Obwohl das benachbarte Bundesland Baden-Württemberg ebenso im sonnigen Süden liegt, gab es dort wiederholt kaum Zuschläge. Dies ist unter anderem auf die geringere Verfügbarkeit förderbarer Flächen zurückzuführen sowie auf eine generell kleinteiligere Flächenlandschaft, die das Projektieren verkompliziert (Quelle: Schwäbische Zeitung).Findungsphase bei Onshore-Wind
Für Onshore-Wind fanden vier Ausschreibungen statt. In diesem Jahr änderten sich dafür signifikant die Regeln: Auch Bürgerenergieanlagen müssen, nach Willen des § 104 Abs. 8 EEG 2017, eine Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG-Gen.) vorweisen, um an den Ausschreibungen teilnehmen zu können. Sie erhalten weiterhin den höchsten noch bezuschlagten Wert als anzulegenden Wert.
Von der starken Überzeichnung der ausgeschriebenen Gebotsmenge durch eingereichte Gebote, wie man sie letztes Jahr beobachten konnte, war dieses Jahr wenig bis gar nichts zu sehen (Abbildung 5). Lediglich im Februar gab es noch eine 1,4-fache Überzeichnung. Schon in der zweiten Ausschreibung hatten wir es mit einer Unterzeichnung zu tun. Nach marginaler Überzeichnung in der dritten Runde fiel die Unterzeichnung im Oktober mit knapp 40 Prozent überraschend hoch aus.
Fragt man nach dem Warum, werden drei Theorien diskutiert, warum sich so wenige Mengen an der letzten Runde beteiligt haben:
- Warten auf die neue Turbinengeneration
- Warten auf Genehmigungen
- Warten auf Gesetzesänderungen
Allen drei Theorien ist gemeinsam, dass sie davon ausgehen, dass die Branche sich in einer abwartenden Haltung befindet, befeuert durch die niedrigen Zuschlagswerte aus dem Vorjahr.
Der Bundesverband Windenergie sieht den Grund für die Unterzeichnung vor allem in den ausgebremsten Genehmigungsverfahren. Fehlende Regionalpläne und Klagen gegen die Projekte verlangsamten regelmäßig die Projektierung (Quelle: BWE).
Die Dominanz der Bürgerenergiegesellschaften in den letztjährigen Ausschreibungen hat sich durch die geänderten Rahmenbedingungen gelegt. Machten Gebote der Bürgerenergie in 2017 noch über 70 Prozent bzw. 80 Prozent aller eingereichten Gebote aus, waren es in diesem Jahr in Runde 2 und 3 nicht einmal 20 Prozent. Im August waren es sogar nur 6 Prozent (Quelle: Auswertungen der Ausschreibungen durch die Fachagentur Windenergie).Das zulässige Höchstgebot für dieses Jahr lag bei 6,3 ct/kWh. Während in der ersten Ausschreibung selbst der höchste noch bezuschlagte Wert über einen Cent unterhalb dieser Grenze lag, tasteten sich die Teilnehmer in den darauf folgenden Ausschreibungen weiter an den Wert heran. Schon in der zweiten Ausschreibungsrunde lagen der durchschnittliche Zuschlagswert bei 6,16 ct/kWh und der höchste bei 6,3 ct/kWh. In der dritten Runde lag der Durchschnittswert bei 6,26 ct/kWh. Die Spannweite der bezuschlagten Gebote ist, mit Ausnahme der Augustausschreibung, unter 2 ct/kWh.
Da die Teilnehmer in den Ausschreibungen auf einen 100-Prozent-Standort bieten, wird für die einzelnen Gebote der Zuschlagswert je nach tatsächlicher Standortgüte nach oben oder nach unten korrigiert. Nehmen wir das Beispiel einer 120-Prozent-Anlage, die zum mittleren Gebotswert von 6,26 ct/kWh bezuschlagt worden ist. Diese Anlage erhält nach Korrektur einen anzulegenden Wert von 5,57 ct/kWh.Vergleichen wir diesen mit den aktuellen Marktwerten für Onshore-Wind: In der Abbildung sind die Marktwerte Oktober 2017 bis Oktober 2018 dargestellt. Man sieht, dass selbst der nach unten korrigierte anzulegende Wert noch oberhalb des Marktwerts liegt. Wäre die Anlage am Netz gewesen, hätte der Betreiber eine Marktprämie ausgezahlt bekommen.
Der Marktwertfaktor über diesen Zeitraum lag gerundet bei 82 Prozent. Das heißt, die Wertigkeit von Onshore-Wind lag fast 20 Prozent unterhalb des Base-Preises. Hier zeigt sich ein starker Unterschied zur PV: Werden bei der PV bei einer Wertigkeit nahe Base-Preis schon Gebotswerte unterhalb des Marktwertes bezuschlagt, sieht es bei der Windenergie noch so aus, als würden auch weiterhin Vergütungen gezahlt.
Auf den Punkt gebracht
In dieser kurzen Analyse hat sich gezeigt, dass die Wettbewerbsintensität bei den PV-Ausschreibungen ungebrochen hoch ist. Auch wenn die Gebotswerte nicht mehr so stark gefallen sind wie im Vorjahr. Bei der Onshore-Windenergie zeigt sich ein abschwächender Wettbewerb, den einige Branchenteilnehmer mit Sorge betrachten.
EXKURS AUSSCHREIBUNGSDESIGN
Die Ausschreibungen für erneuerbare Energien sind nach dem Willen des EEG eine pay-as-bid-Auktion. Der anzulegende Wert eines jedes bezuschlagten Gebots wird jener, zu dem das Gebot bezuschlagt worden ist.
Photovoltaik (PV)
Grundsätzlich sind sowohl Freiflächen- als auch Dachanlagen mit über 750 kW Leistung zur Teilnahme an Ausschreibungen verpflichtet und dürfen nicht zur Eigenversorgung beitragen. In der Praxis spielen Dachanlagen im Preiswettbewerb bisher kaum eine Rolle, so dass Flächenangebot und -politik auf Länderebene die Gebotsmengen durchaus beeinflussen können.
Für alle Bieter einheitlich gilt: Vor dem Gebot muss mindestens ein Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan vorliegen und eine Erstsicherheit von 4 €/kW hinterlegt werden. Nach Zuschlag wird zudem die Zweitsicherheit von in der Regel 50 €/kW fällig. Beide Sicherheiten sind als Kaution zu sehen, um die Frist zur Inbetriebnahme einzuhalten. Sollt ein Projekt bereits weiter fortgeschritten sein (z.B. Bebauungsplanbeschuss) wird die zu hinterlegende Sicherheit halbiert.
Quelle: BMWi
Onshore-Windenergie
Verglichen mit PV ist die Windenergie von einigen Besonderheiten geprägt. Um Gebote in den Ausschreibungen vergleichbar zu machen, bieten hier alle Teilnehmer auf einen fiktiven 100-Prozent-Standort, wie er im EEG definiert worden ist.
Die Zuschläge erfolgen auf Grundlage dieses Gebots, der finale anzulegende Wert wird entsprechend der tatsächlichen Standortgüte nach oben (wenn es sich um einen schlechteren Standort als 100 Prozent handelt) oder nach unten (wenn es sich um einen besseren Standort als 100 Prozent handelt) korrigiert. Dieses Modell wird Referenzertragsmodell genannt.
Bürgerenergiegesellschaften bieten auch auf den 100-Prozent Standort, erhalten aber im Endeffekt den höchsten noch bezuschlagten Gebotswert als Grundlage, um den endgültig anzulegenden Wert zu berechnen. Noch im letzten Jahr durften Bürgerenergiegesellschaften ohne eine Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz an den Ausschreibungen teilnehmen und die Zulassung später nachreichen.
Nach der hohen Dominanz der Bürgerenergie im letzten Jahr wird diese Privilegierung seit diesem Jahr bis 2020 ausgesetzt. Die Sicherheitsleistung vor dem Gebot beträgt für Windanlagen grundsätzlich 30 €/kW. Für Bürgerenergieprojekte wird die Hälfte davon jedoch erst nach dem Gebot als Zweitsicherheit fällig.
Quelle: BMWi
Netzausbaugebiete
Um Netzengpässen im Verteilnetz entgegenzuwirken, wurde für Onshore-Windenergie in sogenannten Netzausbaugebieten eine Obergrenze für Zuschläge festgelegt. Die Obergrenze beträgt 902 MW pro Jahr, was dem durchschnittlichen Zubau der Jahre 2013 bis 2015 entspricht. Das Gebiet ist eine zusammenhängende Fläche im Norden Deutschlands und umfasst Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg und Teile von Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.
Quelle: Bundesnetzagentur
Co-Autor: Michael Claußner (Junior Expert bei Energy Brainpool)
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