Innerhalb kurzer Zeit haben sich die Bundestagsfraktion der Grünen, das Bundesumweltamt und der WWF zum baldigen Start mit dem Kohleausstieg geäußert. Ohne einen ambitionierten Plan für den Ausstieg aus der Kohle seien die Klimaziele Deutschlands nicht erreichbar so die verschiedenen Akteure und belegten dies mit Studien.

Sun ries behind coal power station ( Credit: Phil Noble/Reuters )
© Phil Noble/ Reuters UK

Die Kohleverstromung nahm auch im Jahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr um etwa einen Prozentpunkt ab. Dennoch besteht bisher kein gesamtgesellschaftlicher Konsens zu Themen, wie Klimaschutz, Strukturwandel und Versorgungssicherheit, die durch einen Ausstieg aus der Kohleverstromung an Bedeutung gewinnen. Für die Fraktion der Grünen im Bundestag steht fest, dass die 20 schmutzigsten Kraftwerke, mit einer installierten Leistung von etwa 8 GW, sobald wie möglich vom Netz gehen müssten, damit die deutschen Klimaziele erreicht werden (Quelle: Montel). Weiterhin sollte das Ende der Kohleverstromung in Deutschland innerhalb der nächsten 20 Jahre stattfinden. Klar ist, dass die Kohlekraftwerke knapp 80 Prozent aller CO2-Emissionen des deutschen Stromsektors verursachen (Quelle: WWF). Abbildung 1 (Quelle: WWF) zeigt die Standorte der deutschen Kohlekraftwerke und der entsprechenden Stromerzeugungskapazitäten (500 bis 3000 MW).

 Standorte der deutschen Kohlekraftwerke (Braunkohle: braun, Steinkohle: schwarz), Quelle: WWF

Abbildung 1: Standorte der deutschen Kohlekraftwerke (Braunkohle: braun, Steinkohle: schwarz), Quelle: WWF

Auch das Umweltbundesamt (UBA) geht in der Studie „Klimaschutz im Stromsektor 2030“ davon aus, dass eine 50-prozentige Reduktion der Treibhausgasemissionen in der Energiewirtschaft (Ziel des Klimaschutzplans 2050) bis 2030 nur dann erreichbar sind, wenn deutlich weniger als die Hälfte des jetzigen Stroms aus Kohlekraftwerken kommt. Das UBA sieht 4 mögliche Optionen des Gesetzgebers um dies bis 2030 zu erreichen. Die Stilllegung der ältesten Braun- und Steinkohlekraftwerke (Reduktion von 55 Prozent und 60 Prozent der installierten Leistung), die sukzessive Abschaltung der CO2-intensiven Braunkohlekraftwerke (Reduktion der installierten Leistung um 75 Prozent), die Einführung eines nationalen CO2-Preises (Erhöhung der Kosten des Ausstoßes einer Tonne CO2 um 10 Euro) oder die Begrenzung der Volllaststunden von Braun-und Steinkohlekraftwerke auf höchsten 4000 Stunden im Jahr (Quelle: Montel). Die Einschätzung der Auswirkungen eines deutschlandweiten CO2-Mindestpreises wird auch hier dargelegt.

In ähnliche Richtung zielt auch die Veröffentlichung der Umweltschutzorganisation WWF. Die durch das Öko-Institut und Prognos erstellte Studie plädiert für die Abschaltung aller Kohlekraftwerke bis 2019, die älter als 30 Jahre sind. So könnten die Emissionen dort um 88 Prozent verringert werden. Dazu müssten im Jahr 2019 aber etwa die Hälfte der Kohlekraftwerksflotte stillgelegt werden. Dies entspricht einer installierten Leistung von über 23 GW (Quelle: Montel). Die restlichen Kohlemeiler müssten dann bis Ende 2035 vom Netz gehen. Der Zeitverlauf der notwendigen Stilllegungen kann hier eingesehen werden. Abbildung 2 zeigt den Abbau der Erzeugungskapazitäten nach der Studie des WWFs.

Abbau der Erzeugungskapazitäten von Braun- und Steinkohle bei Auslaufen der Kohleverstromung bis 2035, Quelle: WWF

Abbildung 2: Abbau der Erzeugungskapazitäten von Braun- und Steinkohle bei Auslaufen der Kohleverstromung bis 2035, Quelle: WWF

Gleichzeitig zur Reduktion der Kohleverstromung in Deutschland müsste ebenfalls eine entsprechende Menge von CO2-Zertifikaten aus dem CO2-Markt genommen werden. Andernfalls würde ein Anreiz für weitere Einsparungen in anderen Sektoren, wie etwa der Industrie, nicht gegeben sein. Die Präsidentin des UBA, Maria Krautzberger verdeutliche ebenfalls, dass Strompreiserhöhungen nur sehr moderat ausfallen würden: „Maximal 0,2 Cent pro Kilowattstunde würden die Großhandelspreise steigen“. Weiterhin würde der Rückgang der Stromerzeugung in Kohlekraftwerken auch dazu führen, dass der Nettoexport von Strom in die umliegenden Nachbarländer bis 2030 zurückgeht (Quelle: Montel). In die gleiche Richtung stößt auch eine Untersuchung im Auftrag der Agora Energiewende, die zeigt, dass ein Stromsystem auf Basis von 95 Prozent erneuerbarer Energien im Jahr 2050 etwa 64 Milliarden Euro kosten würde. Dies schließt die Kosten der Anlagen, Netze und Speicher ein und wäre somit billiger, als die in zwölf Szenarien ermittelten Durchschnittskosten eines fossilen Stromsystems von 67 Milliarden Euro.

Der einzige Akteur, der sich noch der Diskussion um einen geordneten, mit Datum versehenen Kohleausstieg verschließt, ist das Bundeswirtschaftsministerium. Der ehemalige Minister Sigmar Gabriel wollte eine ab 2018 eingesetzte Kommission der Bundesregierung zum Braunkohle-Ausstieg beauftragen sich des Themas anzunehmen. Weiterhin sei es glaubwürdiger ein Datum festzulegen, an dem Fortschritte im Aufbau von Ersatzarbeitsplätzen und der Energiewende, geprüft werden. Hier wurde das Jahr 2030 genannt (Quelle: Montel).

Festzuhalten bleibt: Die Reduktion von Treibhausgasen wird nur erreicht, wenn Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigt. Will Deutschland auch die selbstgesteckten Ziele des Klimaschutzplanes erreichen, und den Zusagen der Klimakonferenzen in Paris und Marrakesch gerecht werden, wird dies nur durch einen zügigen Abschied von der Kohle möglich sein.