Mit dem Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes hat die Bundesregierung nicht nur das Ausschreibungsverfahren für die Abschaltung von Kohlekapazitäten aufs Papier gebracht. Gleichzeitig gab sie Änderungen für erneuerbare Energien bekannt. Laut World Energy Outlook 2019 der Internationalen Energieagentur könnten die weltweiten CO2-Emissionen bis 2040 weiter ansteigen. Preislich knüpft der November dort an, wo der Oktober aufgehört hat: Es geht weiter nach unten.

Kohleausstiegsgesetz mit vielen Änderungen

In der ersten Hälfte des Novembers 2019 gab die Regierung den Entwurf des Kohleausstiegsgesetz (Gesetz zur Reduzierung und zu Beendigung der Kohleverstromung und zur Änderung weiterer Gesetze) bekannt. So werden im Entwurf nicht nur Ausstiegregelungen, sondern auch einige Änderungen für die erneuerbaren Energien und den Netzbetrieb festgelegt.

Was bedeutet das Gesetz für Betreiber von Steinkohlekraftwerken?

Demnach werden die ersten Steinkohleabschaltungen laut Entwurf ab November 2020 stattfinden. Hierzu wird die erste Ausschreibung für abschaltbare Kraftwerkskapazität am 1. Juni 2020 stattfinden. Die Ergebnisse dieser Ausschreibung sollen dann von der Bundesnetzagentur zum 1. Oktober 2020 veröffentlicht werden. Die darauffolgende Ausschreibung wird im Jahr 2022 erfolgen (Quelle: Montel).

In den Ausschreibungen sollen die Steinkohlekraftwerksbetreiber einen Preis für die Abschaltung von Kapazitäten angeben können. Ein Höchstpreis für die Entschädigungszahlung ist noch nicht bekannt. Ferner soll das Ausschreibungsvolumen der ersten Ausschreibung nächsten Jahres soll 4 GW Netto-Nennleistung betragen.

Derzeit sind noch 20,5 GW an Steinkohlekapazität am Netz. Währenddessen liegt die Leistung der deutschen Braunkohlekraftwerke am Markt bei 18,1 GW. Bis Ende 2022 soll die Stein- und Braunkohleleistung auf jeweils 15 GW schrumpfen. Dementsprechend stellt Abbildung 1 die Kohlekapazitäten in Deutschland bis 2038 dar.

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Abbildung 1: installierte Leistung von Kohlekraftwerken und Abschaltungen bis 2038 in GW in Deutschland (Quelle: Energy Brainpool)

Der Gesetzesentwurf beinhaltet allerdings keine Maßnahmen, falls nicht genügend Leistung zu Abschaltung in die Ausschreibung gehen. Weiterhin werden die Übertragungsnetzbetreiber, bevor sie einen Zuschlag erteilen, in der Ausschreibung prüfen, ob ein Kraftwerk systemrelevant ist und somit in der Ausschreibung benachteiligt wird (Quelle: Montel).

Falls die Kraftwerke aufgrund anderer Umstände, wie etwa betriebswirtschaftlicher Erwägungen durch Verluste am Strommarkt oder verstärkten Emissionsrichtlinien abgeschaltet werden, würden die Ausschreibungen abgesagt, so der Enwurf.

Während die Ausschreibung für Abschaltung von Steinkohle markbasiert erfolgen soll, ist das Kapitel zum Braunkohleausstieg noch leer. Derzeit verhandelt das Wirtschaftsministerium mit den entsprechenden Kraftwerksbetreibern (Quelle: Erneuerbare Energien, Montel).

Änderungen auch bei Erneuerbaren

Im ersten Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes sind ebenfalls Änderungen für erneuerbare Energien beschrieben. So wird das 65-Prozent-Ziel für den Anteil erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch im Jahr 2030 auch im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) verankert.

Das Ziel wird allerdings an Voraussetzungen geknüpft: die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Netzausbau und den Bau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen. Das Offshore-Ausbauziel im Windenergie-auf-See-Gesetz für das Jahr 2030 wird von 15 auf 20 GW erhöht. Hier sind allerdings auch die entsprechenden Netzkapazitäten Voraussetzung.

Konsequenzen für Bürgerenergiegesellschaften

Demgegenüber entfällt das Privileg von Bürgerenergiegesellschaften in den Ausschreibungen für Windenergie an Land. Es dürfen nur noch genehmigte Projekte an den Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land teilnehmen. Die Abstandsregelung von 1000 Meter zu Siedlungen wurde ebenfalls aus dem Klimapaket übernommen (Quelle: Erneuerbare Energien).

Der 52 GW-Ausbaudeckel bei der PV wird aufgehoben. Damit können auch ab einer installierten PV-Leistung von über 52 GW neue Anlagen finanziell über das EEG gefördert werden. Allerdings sollen in Zukunft alle Betreiber von Solaranlagen verpflichtet werden, die Einspeiseleistung ins Netz auf 70 Prozent der Maximalleistung zu begrenzen.

Diese Regelung soll für Anlagen gelten, welche nicht durch den Netzbetreiber geregelt werden. Kurzum: Betreiber, welche den Strom aus ihren PV-Anlagen nicht selbst verbrauchen, müssen womöglich aufgrund dieser Regelung Einbußen ihrer Vergütung hinnehmen (Quelle: PV Magazine).

Zeitplan für Energie- und Klimagesetze

Das Gesetz zum Kohleausstieg wird wohl erst im Jahr 2020 verabschiedet werden. Nach Angaben von PV Magazine beinhaltet der aktuellste Referentenentwurf des Kohleausstiegsgesetz vom 26. November 2019 keine der Regelungen zum EEG und enthält auch die Streichung des PV-Deckels nicht mehr. Hierzu soll ein eigenes Gesetzgebungsverfahren starten (Quelle: PV Magazine)

Es bleibt also abzuwarten, ob die notwendigen Änderungen noch dieses Jahr beschlossen werden.

Demhingegen wird das Klimaschutzgesetz als auch das Gesetz zum nationalen Emissionshandel noch vor Ende des Jahres durch alle Instanzen gehen (Quelle: Energate). So hat der Bundestag am 15. November mit den Stimmen der Großen Koalition und gegen die Stimmen der Opposition den Gesetzesentwurf zum Klimapaket (Gesetz zur Einführung eines Bundes-Klimaschutzgesetzes und zu Änderung weiterer Vorschriften) gebilligt.

Die nächste Hürde ist die Abstimmung im Bundesrat. Allerdings sind nur wenige Regelungen zustimmungspflichtig. Dies bedeutet, dass das Änderungswünsche des Bundesrats das Inkraftreten der meisten neuen Regelungen allenfalls verzögern können (Quelle: PV Magazine).

Ende November hat der Bundesrat ebenfalls dem Brennstoffemissionshandelsgesetz und Teilen des  Klimaschutzgesetz zugestimmt. Das erstere enthält die Regelungen zu Handelssystem und Zertifikatspreisen für Emissionen aus fossilen Brennstoffen in den Sektoren Verkehr und Wärme (Quelle: Montel).

Für die Steuergesetze aus dem Klimapaket, im speziellen die Erhöhung der Pendlerpauschale, die Senkung der Mehrwertsteuer für Bahntickets und die steuerliche Förderung der Gebäudesanierung, soll nun der Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag einberufen werden (Quelle: Montel).

Der World Energy Outlook 2019: Emissionen steigen bis 2040

Die Emissionen im EU-ETS könnten im Jahr 2019 aufgrund schwächerer WIrtschaftleistung und höherer Gasverstromung um bis zu acht Prozent fallen. Dies entspräche dem stärksten Rückgang der EU-ETS-Emissionen seit 10 Jahren (Quelle: Montel).

Allerdings sieht die Internationale Energieagentur in ihrem jährlichem Weltenergieausblick, dem World Energy Outlook 2019, steigende Emissionen für die Zukunft voraus (Quelle: IEA). Das zentrale Szenario der Pariser Organisation „STEPS“ (Stated Policies Scenario) zeigt die Auswirkungen der derzeitigen Pläne zur Energieversorgung bis 2040 auf.

Demnach würde der weltweite Energiebedarf bis 2040 jährlich um ein Prozent zunehmen. Knapp 50 Prozent diese Zunahme würde von erneuerbaren Energien gedeckt. Abbildung 2 stellt die Zunahme des Energieverbrauchs aus verschiedenen Energieträgern nach dem STEPS-Szenario bis 2040 dar (Quelle: Carbon Brief).

Energieverbrauch nach Energieträger bis 2040 im STEPS Szenario des World Energy Outlooks 2019, Kohleausstiegsgesetz, Energy Brainpool

Abbildung 2: Energieverbrauch nach Energieträger bis 2040 im STEPS Szenario des World Energy Outlooks 2019 (Quelle: Carbon Brief)

Dementsprechend ist es kaum verwunderlich, dass die weltweiten CO2-Emissionen weiter steigen und fast 38 Gt CO2 im Jahr 2040 erreichen. Demgegenüber würden die CO2-Emissionen im SDS (Sustainable Development Scenario) der IEA um 48 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010 sinken. Nur im letzteren Szenario könnte es gelingen den Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts auf 2 Grad Celsius zu begrenzen.

Preise sinken weiter

Am langen Ende haben schwächere Notierungen für CO2-Zertifikate auch den Strompreis gedrückt. So sank der Preis für das Frontjahr Base Deutschland im November von über 46 EUR/MWh auf unter 45 EUR/MWh um am Ende des Monats bei knapp 45,5 EUR/MWh zu landen.

Bearishe Signale bei den EUAs aufgrund geringerer Verbrauchsprognosen halfen hierbei nach. Wie schon im Oktober 2019 liessen die Preise fast aller Commodities nach. Abbildung 3 zeigt die Preisentwicklung des Stromfrontjahres Deutschland im Oktober und November 2019.

Preisentwicklung des Stromfrontjahres Base Deutschland im Oktober und November 2019, Kohleausstiegsgesetz, Energy Brainpool

Abbildung 3: Preisentwicklung des Stromfrontjahres Base Deutschland im Oktober und November 2019 (Quelle: Montel)

Am Spotmarkt führte die geringe Erzeugung aus Solar und teilweise wenig Wind zu höheren Einspeisungen fossiler Kraftwerke. Insbesondere die Erzeugung in Steinkohlekraftwerken nahm im Vergleich zum Vormonat um 2 TWh zu. Abbildung 4 zeigt die Stromerzeugung nach Technologie, sowie die Day-Ahead-Strompreise für Deutschland im November 2019.

Stromerzeugung und Day-Ahead-Preise im November 2019 in Deutschland, Kohleausstiegsgesetz, Energy Brainpool

Abbildung 4: (Quelle: Energy Brainpool)