Sowohl die Verhandlungen zum Koalitionsvertrag als auch die Preise an den Commodity-Börsen waren im Februar 2018 sehr wechselhaft. PPAs werden immer attraktiver und die Ausschreibungsergebnisse für erneuerbare Energien sprechen für sich.
Anfang Februar 2018 (und zeitgleich zum Branchentreff E-world) haben sich die SPD und CDU/CSU auf ihren Koalitionsvertrag geeinigt. In den Bereichen Energie und Klima wollen die beiden Parteien vor allem folgende Punkte angehen:
- Änderung der Ausschreibungskonditionen für Windenergie (Abschaffung der Genehmigungsfreiheit für Bürgerenergieanlagen bei Teilnahme)
- Sonderausschreibungen für jeweils 2000 MW Wind- und Solaranlagen in 2019 und 2020 (Bedingung: Aufnahmefähigkeit der Netze)
- Anhebung des Ziels für den Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor auf 65 Prozent bis 2030
- Aufgabe des CO2-Minderungsziels für 2020 und Fokus auf Minderungsziel von 55 Prozent im Vergleich zu 1990
- Deutschland soll Standort für Batteriezellenproduktion werden (Einrichtung eines Fraunhofer-Instituts für Speichertechnologien)
- Die Kopplung des Sektoren Wärme, Mobilität und Elektrizität soll vorangebracht werden.
- Deutschland soll zum Standort für LNG-Infrastruktur ausgebaut werden.
- Ein Gebäude-Energiegesetz soll die bisherigen Gesetze bezüglich Energieeffizienz zusammenfassen.
Die Auswahl zeigt die verschiedensten Ambitionen und gleichzeitig auch die große Notwendigkeit, in allen Bereichen effektive Ergebnisse vorzuweisen. CDU-Politiker Peter Altmaier wird in der Neuauflage der Großen Koalition Bundeswirtschaftsminister. Er ist für einen Großteil der Umsetzungen oben genannter Punkte zuständig.
Die E-world als Branchen-Barometer
Während auf politischer Bühne der Koalitionsvertrag verhandelt und veröffentlicht wurde, hat sich die europäische Energiebranche auf der alljährlichen E-world in Essen zusammengefunden. Die Hauptthemen, welche die Branche bewegen, sind die mehr oder weniger erfolgreich voranschreitende Digitalisierung und der gesamte Themenkomplex rund um PPAs, also langfristige Stromlieferverträge insbesondere mit erneuerbaren Energien. Hier ist vor allem die finanzielle Bewertung von PPAs zentral, also der Vertragspreis und die Ausgestaltung der Preiskomponenten. In unserem White Paper haben wir einen Preis für PPAs errechnet, welcher Chancen und Risiken des Erzeugers und des Abnehmers paritätisch aufteilt.
So ist es nicht verwunderlich, dass sich große Energiekonzerne mit einem Engagement in dem Bereich PPAs beschäftigen. Die Schweizer Axpo wettet hierbei besonders auf die Anlagen, die nach 20 Jahren aus der finanziellen EEG-Förderung fallen. Während das Thema PPAs in Deutschland wohl erst ab Anfang und Mitte der 2020er Jahr richtig an Fahrt aufnehmen wird, werden Projekte in anderen Ländern regelmäßig über PPAs finanziert: etwa ein 25 MW Solarpark in Portugal, den die Axpo mit einem 10 bis 15-Jahresvertrag und ohne Vergütung errichtet (Quelle: Energate).
Auch Vattenfall ist in den Markt für langfristige Stromabnahmeverträge eingestiegen. Der Konzern hat drei Solar-Projekte mit einer Gesamtleistung von 38 MW in den Niederlanden unter Vertrag genommen. Die Betreiber der Solaranlagen könnten durch die PPAs ihre Abhängigkeit von Preisschwankungen reduzieren, so Vattenfall (Quelle: Energate).
Bei all der Euphorie um PPAs sollte der Wert des erzeugten Stroms über die Laufzeit des Vertrages oder des Projektes professionell ermittelt werden. Andernfalls kann es zu einer Bevorteilung eines der beiden Vertragspartner kommen.
Photovoltaik nun billiger als Wind
Mit der Veröffentlichung der Ausschreibungsergebnisse für PV und Wind durch die Bundesnetzagentur wurde klar, dass die neuen Regeln für Bürgerenergiewindparks einen weiteren Preisverfall gestoppt haben. So stieg der durchschnittlich bezuschlagte Gebotspreis mit 4,73 Cent/kWh um mehr als 20 Prozent an gegenüber der vorherigen Ausschreibung im November 2017. Außerdem hat die Dominanz der Bürgerenergiegesellschaften abgenommen: von über 90 Prozent der bezuschlagten Projekte auf etwa 20 Prozent. Eine genaue Analyse zu den Ergebnissen finden Sie auch hier.
Mit einem durchschnittlichen Zuschlagswert von 4,33 Cent/kWh war die PV das erste Mal in einer deutschen Ausschreibung billiger als die Windenergie. Der niedrigste Gebotswert eines bezuschlagten Projektes lag bei nur 3,86 Cent/kWh, der höchste bei 4,59 Cent/kWh. Zehn der 24 Zuschläge gingen an Projekte in Bayern, während die Ausschreibungsmenge von 200 MW fast 3-fach überzeichnet war (Quelle: PV Magazine). Abbildung 1 stellt die Ausschreibungsergebnisse für erneuerbare Energien in Deutschland seit Beginn 2017 dar. So fielen die Zuschlagswerte innerhalb der letzten 12 Monate beträchtlich und nähern sich mehr und mehr den Großhandelspreisen an der Börse an.
Commodities im Kälterausch
Wie in Abbildung 2 dargestellt, ist der Preis für die Grundlastlieferung Strom für Deutschland für das Jahr 2019 von Anfang des Jahres 2018 bis Ende Februar um etwa 3 EUR/MWh gefallen. Allerdings erfuhr der Leitkontrakt für nächstes Jahr im Februar eine Achterbahnfahrt. Im ersten Drittel des Monats fiel der Preis auf unter 33 EUR/MWh, um im zweiten Drittel wieder an der 35 EUR/MWh Marke zu kratzen. Für den Preisverfall zu Beginn des Monats war vor allem der Kursabsturz der Kohlenotierungen verantwortlich. Der Index für Kohlelieferungen API2 fiel von etwa 85 USD/Tonne auf unter 78 USD/Tonne und zog den Strom mit nach unten.
Gegen Mitte des Monats machten sich dann aber auch die hohen Notierungen für CO2-Zertifikate bemerkbar, die im Februar 2018 kaum unter die 9 EUR/Tonne fielen. Gleichzeitig stieg der Kohlepreis auch wieder an und der Strompreis zog auf bis zu 35 EUR/MWh mit. Unterstützt wurde der Preisanstieg auch von der Kältewelle durch Hoch Hartmut, welche die Gaspreise im Day-Ahead-Markt für Deutschland und die Niederlande dementsprechend nach oben trieb. So stieg der Day-Ahead Preis in den europäischen Gasmarktgebieten auf ein Allzeithoch (Quelle: Montel), der am deutschen Markgebiet der NCG (Abbildung 3) ebenfalls.
Die Volatilität am Terminmarkt ist natürlich nur gering im Vergleich zu den Preisänderungen am Spotmarkt (siehe Abbildung 3). Im Februar 2018 kam es vermehrt zu hoher Windeinspeisung und gleichzeitig geringerer Nachfrage, was bei zwei Stunden am Sonntag, dem 11. Februar und bei drei Stunden am Samstag, den 24. Februar zu negativen Preisen führte.
Die niedrigen Temperaturen spiegeln sich im höheren Verbrauch gegen Ende Februar und damit einhergehenden durchschnittlich höheren Spotmarktpreisen bei 45 bis 50 EUR/MWh und Spitzen von bis zu 80 EUR/MWh wider.
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