Berlin, 2. November 2016: Die Bundesnetzagentur fordert Engpassmanagement an der deutsch-österreichischen Grenze ab Juli 2018. Energy Brainpool berechnete den Einfluss des Engpassmanagements auf die Großhandelsstrompreise für Deutschland und Österreich.

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Vor mehr als einem Jahr sprach sich die Agency for the Cooperation of Energy Regulators (ACER) für eine Spaltung der deutsch-österreichischen Preiszone aus. Damit sollen ungeplante Stromflüsse über die Landesgrenzen hinweg reduziert und die Sicherheit des Stromsystems erhöht werden. Durch sogenannte Ringflüsse von Deutschland über die Nachbarländer und wieder zurück werden die Netzkapazitäten in den Nachbarländern zusätzlich belastet. Aufgrund von Netzengpässen kann Strom nicht in dem Maße über das vorhandene Netz geliefert werden, wie er gehandelt wurde. Eingriffe der Netzbetreiber durch sogenannte Redispatch-Maßnahmen sind daher notwendig, um die Systemstabilität zu gewährleisten. Dies führt zu Mehrkosten, die der deutsche Stromkunde durch höhere Netzentgelte zahlen muss.

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) fordert nun die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) auf, Maßnahmen des Engpassmanagements vorzubereiten und Handelsspitzen im Day-Ahead- und Intraday-Handel zu deckeln. Die Maßnahmen sollen der Funktionsfähigkeit und Versorgungssicherheit des deutschen Strommarkts dienen. Unter welchen konkreten Umständen diese Deckelung vollzogen wird nannte die BNetzA nicht.

Preisveränderung durch die Engpassbewirtschaftung an der deutsch-österreichischen Grenze, Quelle: Energy Brainpool

Abbildung 1: Preisveränderung durch die Engpassbewirtschaftung an der deutsch-österreichischen Grenze, Quelle: Energy Brainpool

Abbildung 1: Preisveränderung durch die Engpassbewirtschaftung an der deutsch-österreichischen Grenze

Energy Brainpool berechnete die Auswirkungen des Engpassmanagements auf die Großhandelsstrompreise (Base) für das Jahr 2018 in Deutschland und Österreich. Weil die Detailregelung der Engpassbewirtschaftung noch unklar ist, werden die Ergebnisse als Bandbreite angegeben, um das Potenzial der Preisveränderungen in den beiden Ländern abzuschätzen.

Die Ergebnisse in Abbildung 1 zeigen die Veränderung der Strompreise im jährlichen Mittel. Weil die Stromnachfrage aus Österreich im deutschen Markt bei kompletter Deckelung fehlen würde, würden die Preise in Deutschland um maximal 2 Prozent bei einem kompletten Aussetzen des grenzüber-schreitenden Stromhandels sinken. Österreich hingegen könnte weniger Strom aus Deutschland importieren, so dass sich die österreichischen Strompreise denen in der Schweiz anglichen. Die Strom-preise in Österreich stiegen in diesem Falle um bis zu 22 Prozent im Jahresmittel an. Konkret würde für Deutschland das komplette Aussetzen des grenzüberschreitenden Stromhandels minimal geringere Stromkosten (Großhandel), dadurch eine höhere EEG-Umlage sowie niedrigere Erlöse für Kraftwerksbetreiber bedeuten. In Österreich würde dies zu relevant höheren Stromkosten für den Verbraucher und demnach zu höheren Erlösen für Kraftwerksbetreiber führen. In stündlicher Auflösung ergeben sich stärkere Preisveränderungen. Auch der Kraftwerkseinsatz in beiden Ländern würde sich verändern. In Deutschland würden fehlende Stromexporte nach Österreich eine geringere inländische Erzeugung auslösen. Steinkohlekraftwerke beispielsweise würden ihre Vollbenutzungsstunden um knapp 4 Prozent verringern. Wird die Grenzkuppelkapazität, die dem Handel zugeteilt wird, jedoch nur mäßig beschnitten, blieben auch die Preisveränderungen im Mittel sehr gering.

„Die Entscheidung, wie stark der Stromhandel zwischen Deutschland und Österreich beschränkt wird, ist hoch politisch“, sagt Projektleiter Thorsten Lenck. Zwischen den unterschiedlichen und häufig entgegengesetzten Interessen muss unter Beachtung der Systemsicherheit abgewogen werden. „Wie immer stecken Chance und Risiko in der Neuregelung für die Akteure in den Strommärkten“, ergänzt Lenck.

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